Der Helm sitzt richtig auf dem Kopf, die Kleidung ist der Arbeit im Freien angepasst - das Tor zur Baustelle kann sich nun zur frühen Morgenstunde öffnen. Und dort finden sich dann auch die Kräne, in die ein Teil der Arbeiter aufsteigt und sich noch etwas mehr als 18 Minuten Zeit nimmt, um sich mit der, eigens für diesen Arbeitsplatz konzipierten Musik, in die richtige Arbeitsstimmung zu bringen. Vielleicht sind es ja auch einige der altgedienten "Ostberliner Bauarbeiter", die sich nochmals ein paar wichtige Informationen zu den gleich zu transportierenden Gütern verinnerlichen möchten, denn es geht um Gefahrstoffe. Da solche Arbeiter meistens männlich sind, empfiehlt es sich - zum besseren Zuhören - eine süßliche Frauenstimme zu nehmen, die dann harte Fakten mehr oder weniger stark erotisch dahinhauchend, aber dennoch mit Nachdruck weitervermittelt. Sara Noxx ist dafür eine prädestinierte Wahl.

Für das harmonische Miteinander zwischen Gesang und Klang sorgt der rein elektronische Pb:W-Ambientsound, der gediegen sequenziert im Midtempo ein entspanntes Zuhören (und Lernen) garantiert. Wie auch bei den folgenden Titeln kommt hier keinerlei Langweile auf, weil die Titellängen nie über vier (einhalb) Minuten hinausgehen, vorausgesetzt man mag diese Art der Musik und ist bereit auch einmal andere Textinhalte, teilweise nicht ganz ernst gemeint, auf sich wirken zu lassen. Der 'Hocinoizefluggerät Club Mix' verleiht dem Text durch seinen stampfenden EBM-/Industrial-Beat nochmals Nachdruck und veranlasst sicher nicht nur den Turmdrehkranführer sondern auch jeden Clubbesucher und den zu Hause vor der heimischen Anlage vergessenen Kollegen das Tanzbein zu schwingen bzw. den Körper in Bewegung zu versetzen. Für die Andersartigkeit im Vergleich zum Original ist die Namensgebung im Mix-Namen sicherlich eine Anspielung auf diese härtere Gangart, doch der Song behält sich auch in einzelnen melodischen Passagen den Pb:W-Charme.

Und ehe man sich verhört ist damit (leider) nach etwas mehr als drei Minuten auch schon wieder alles vorbei. 8ight bringen mit ihrem gesampelten Schrammelgitarreneinsatz vielleicht den einen oder anderen Arbeiter auf das Dach des Krans, weil der Sound doch ungewohnt schräg daherkommt, aber keineswegs abgedroschen klingt, da er originale Klang- und Arrangementelemente integriert. Der Gefahrstoffe-Inhalt dieser Maxi endet pianolastig balladesk, wird aber mit einer sanften Rhythmusspur verfeinert wie auch mit einigen melodischen und elektronischen Zusatzstoffen. Die beste Umschreibung für diesen Abschluss findet sich mit dem neudeutschen Wort "strange".

Outsider werden auf Grund des Textes bei dieser Komposition garantiert den Kopf schütteln, die Insider vielleicht verzückt, mit einem Schmunzeln schon mal die CD-Repeat-Taste drücken. Abgerundet wird die Gefahrstoffe-Maxi durch den Zusatztitel "Ostberliner Bauarbeiter" im 'Dunkelwerk Remix'. Dabei wurde gleich noch ein weiteres Stückchen DDR-Geschichte mit aufgenommen, so dass nunmehr auch Honni und Mieli zu hören sind. Weniger zum reinen Abtanzen lädt der Titel durchaus auch dazu ein, um bei vertrauten Klängen nochmals über die Vergangenheit zu reflektieren. Dass dafür auch der Beat ab und an einmal ruhen darf, lässt diesen Mix als absolut gelungene Ergänzung zum Original erscheinen, weil eben nicht nur Klangstrukturen neu angeordnet wurden, sondern auch inhaltliche Ergänzungen stattfanden; zwar im weiteren Rahmen des geschichtlichen DDR-Bezugs, aber das läuft unter dem Begriff der 'künstlerischen Freiheit'.

Summa summarum halten wir fest, dass die Patenbrigade ihrer Zielgruppe (siehe oben) wieder einen Ohrenschmaus geliefert hat, der durch seine musikalische Vielfalt auch bei weiteren Hörergruppen Eindruck schinden kann und es schon tut (siehe die aktuelle DAC). Weiter so!