Welche Wonne – ich darf hier das zweite Album des kanadischen Projektes Oublieth vorstellen. Ein wundervoller Fund und sicherlich ein ganz heißer Anwärter für das Jahresend-Treppchen, wenn man sich über eine Mischung aus elektronischen Klängen der Berliner Schule und klassischem Dungeon Synth freuen kann. Da ich aufgrund der Sprachbarriere und geringen Informationen nicht viel zum Projekt, seiner Geschichte oder einer möglichen Hintergrundhandlung in den Alben sagen kann, komme ich direkt zu den wundervollen Inhalten.

Alleine schon das Artwork ist ein Genuss – ich kann nicht sagen, ob das Bild genau wie das Cover des Vorgängers speziell für Oublieth entstand, oder bereits als Kunstwerk existierte, aber beide Motive passen perfekt zum Klanggenuss, der folgt: Wir sehen Casper David Friedrich gleich eine Figur vor der eigentlichen Landschaft, beim Debüt noch eine etwas surreal gewundene aber klassische Festung, auf vorliegendem Werk eine diffuse, spitzwinklige Pyramide. Beide Bilder sind jeweils in einem einheitlichen Farbton gehalten. Traumgleich und passend. Denn Oublieth agieren an sich klassisch für den Dungeon Synth, wenn es um Melodik und atmosphärische Samples (z.B. Rabenschreie) geht. Der Herr hinter den Tasten macht dies aber, indem er die Klangpalette der alten Meister nutzt. Tangerine Dream, Klaus Schulz oder Vangelis kommen in den Sinn, künstliche Welten der 70er, als alles noch etwas offener und vermeintlich futuristischer klang. Durch diese akustischen Mittel wirken die Bilder von Burgen und klassischer Fantasy einsamer und weniger greifbar. Der Held der Geschichte erlebt kein 08/15 Abenteuer, sondern verläuft sich in traumgleichen Welten zwischen Realität und Verzauberung. Aber diese Bilder wirken wie wunderschöne Fieberträume (wenn das möglich ist) – Oublieth auf diesem Werk zu lauschen ist für mich ein reiner Genuss. Eine Traumeise, perfekt für stille Momente, geschlossene Augen und Zeit zum Abschalten. Und jedes einzelne Stück ist wertvoll, insbesondere verzauberten mich der Opener (mit klassischem, noch zurückhaltendem Aufbau, der in die Welt einführt und Lust macht auf die folgenden Minuten), das grandiose „Le cristal illumine le chemin“ (das sowohl einen Fantasy Steifen als auch surreale Bilde von Fritz Lang passend untermalen könnte) und „Sanctuaire de la vallée cachée“, bei dem ich mich mental in eine Tropfsteinhöhle begebe.

Bereits das Debüt ‚Mornelance‘ war eine wirklich schöne Erfahrung, vorliegendes Werk legt optisch und vor allem inhaltlich noch eine Schippe drauf. Wer mit genannten klassischen Elektronik-Pionieren und dem Dungeon Synth sympathisiert, sollte unbedingt Probelauschen – ich freue mich schon, dass ich bald ein Paket aus Kanada erhalte, um beide Werke von Oublieth auch im Schrank stehen haben zu können. Bis dahin erfreue ich mich an den Dateien und schiebe ‚ À l'ombre du royaume en cendres‘ auf die bereits recht volle Liste der Anwärter meiner Alben des Jahres.

 

Oublieth

À l'ombre du royaume en cendres

 

 

21.06.2021

Sepulchral Productions

 

https://oublieth.bandcamp.com/album/lombre-du-royaume-en-cendres

 

01. Éveil à mornelance
02. L‘Alchimiste
03. Sorcellerie
04. Le cristal illumine le chemin
05. Chevalliers de l’étoile écarlate
06. Sanctuaire de la vallée cachée
07. Anneau enchanté
08. La tour interdite