McCluskey und Humphreys haben sich wieder zusammengerauft. Gut so, denn nach Live-Aktivitäten in den letzten Jahren ist dabei ein schickes Album herausgekommen: ‚History of Modern’ beinhaltet dreizehn Songs, die sehr unterschiedliche Ausprägungen aufweisen. Von ‚so haben wir das erwartet’ bis ‚was ist das denn?’ kommt alles vor. Bereits vor einigen Monaten verschenkten OMD ein Demo zum Song ‚Sister Mary’, das alte Qualitäten der Band mit neuen Facetten vereint ankündigte: McCluskeys Gesang ist noch immer verführerisch einlullend und die Synthesizer-Loops halten das, was OMD bereits seit den Achtzigern versprechen: große Kleinigkeiten, die Songs zu kleinen Kunstwerken werden lassen. Fast wie eine Zeitreise mutet das Album an, denn man findet Referenzen in fast alle Phasen der Band. Fast avantgardistische Instrumentierungen der Anfangsphase, fließender Elektro-Pop der Sugartax-Phase und auch Club-Tracks, wie sie McCluskey für die Sugarbabes komponiert hat. Dass Mike Crossey (Foals, Arctic Monkeys) als Produzent die Finger im Spiel hatte, merkt man nur beim Opener, der in Nuancen tatsächlich in Richtung Indietronics geht, dabei jedoch nie die klassischen OMD-Sphären verlässt. Wer ‚Walking on the Milkyway’ mochte wird auch an der ersten Auskopplung ‚If you Want it’ Gefallen finden, denn der Song mit minimalen Strophen und oppulentem Refrain strotzt nur so von Hingabe und musikalischer Kraft. Back to the roots dann die beiden Teile des Album-Titels ‚History of Modern’. Das funktionierte damals, das funktioniert auch heute. Mehr davon, das macht süchtig. Wo so viel Lob ist, muss jedoch auch Tadel kommen! Und der folgt bezüglich zweier Songs. Zunächst ‚Sometimes’, bei dem McCluskeys Gesang eine wunderschöne Ballade hätte entstehen lassen können, wenn da nicht der wirklich unpassende weibliche Gesang in schlechter Moby-Marnier wäre. Der macht den Song leider unerträglich und zu einem der beiden Punkte für eine Abwertung des Albums. Um mit der Kritik an dieser Stelle abschließen zu können sei gleich noch ‚Pulse’ angesprochen. Dieser Track könnte durchaus funktionieren, aber nicht auf einem OMD-Album; hier kommen einem sofort Atomic Kitten in den Sinn, wie sie natürlich von Mc Cluskey produziert und gemanaged wurden. Zurück zu den restlichen der elf guten Songs: ‚New Holy Ground’, eine Komposition über die man ganze Essays schreiben könnte. Die Drums in Form von Schritten einer mysteriösen Frau, die mit Stöckelschuhen durch ein leeres Zimmer mit Holzboden läuft, darüber minimal Begleitung und McCluskeys beruhigend-melancholische Stimme: großartig. Dazu passt ‚The Bondage of Fate’ im Dreiviertel-Takt und ähnlich unkonventionellem Aufbau. Die Nähe zu Kraftwerk verarbeiten OMD diesmal gleich in zwei Songs, zum einen ‚RFWK’ und noch sehr viel deutlicher im achtminütigen ‚The Right Side’, das wunderbar in die ‚Trans Europe Express’-Phase der Düsseldorfer Band gepasst hätte. Trotz allem bleiben OMD dabei sie selbst und reichern die sterilen elektronischen Referenzen mit warmen Flächen und dem für sie typischen Gesang an. Sich selbst treu bleiben und doch nicht stagnieren, so dürfen sich Reunion-Alben anhören! Da verzeiht man auch die ein oder zwei Songs die persönlich nicht gefallen. Yes, we want it!