Unglaublich, dass es nun 10 Jahre sind, seitdem ‚The lone descent‘ erschien. Das letzte Album von Of The Wand And The Moon hatte mich erobert, verzaubert und auf ewig überzeugt. Es war eines dieser besonderen Alben für mich, Musik, die mich nachhaltig berührt und bewegt hat und es mit jedem Durchlauf immer wieder tut. Wie würde Kim Larsen da wohl anschließen, zumal 10 Jahre eine verdammt lange Zeit sind? Untätig war er nicht: Neben zahlreichen EPs schlug er mit Les Chasseur de la nuit zweimal in eine folkig-ambientlastige Kerbe, die aber eher auf ein opulent-drückend-starren Keyboardsound setzt. Jetzt aber, jetzt folgte der Nachfolger zu ‚The lone descent‘ und meine Erwartungen waren (viel zu) hoch, sodass ich mir nicht sicher bin, inwieweit ich ‚Your love can’t hold this wreath of sorrow‘ gerecht werden kann.

Kim Larsen hat den Sound seines Hauptprojektes (ein wenig) weiterentwickelt – dies ist weder verwunderlich noch verwerflich. Nach den ersten drei, noch sehr ähnlichen und typisch minimalistischen Platten voller mystischem Folk und einem opulent an 90er Neo Folk erinnernden ‚Sonnenheim‘ war ‚The lone descent‘ eine düster melancholische Fusion aus Folk, Rock und Pop, die vertraut und neu klang und gerade in den engen Grenzen des eigentlich gedachten Hauptgenres (Neo) Folk sehr progressiv wirkte. Nicht viel anders ist es auch mit der aktuellen Scheibe, denn typische Charakteristika des :otwatm: Sounds sind weiterhin vorhanden: Dichte, durch Keyboards erzeugte Atmosphäre, eine schwerromantisch-melancholische Bedrücktheit im Sound, Ambient und Noiseelemente, die die sonst so wohlig angenehmen Klänge zerreißen, Akustikgitarre, Trompeten und Larsens rauer Flüstergesang – 2021 hat das Projekt einen so einzigartigen Sound, der sich trotz all der eben eher typischen Elemente, die auch andere Projekte nutzen, als einzigartig darstellt. Und doch ging die Reise weiter und mir kam während der ersten Durchläufe die Spiritual Front in den Sinn mit ihrem Nihilist Suicide Pop: Der Sound wirkt etwas beschwingter, etwas poppig-leichter und weniger konzentriert auf die Akustikgitarre. Man lausche nur auf „Love is made of dreams“ – eine für :otwatm: Verhältnisse ausgelassene Nummer. Gitarren, die an Country- und Westernmusik erinnern und ein Refrain, der Erinnerungen an psychedelische Ausgelassenheit der 60er andeutet. Vielleicht ist es aber gerade dieser poppige Sound, der es mir schwer macht, ‚Your love can’t hold this wreath of sorrow‘ stürmisch zu lieben – ich habe einfach nicht auf einen solchen Sound gewartet, wollte mich nach 10 Jahren nicht mit einem :otwatm: Album wiederfinden, dass an einigen Stellen nach einer Lounge-Version des Vorgängers klingt. Die Stimmung ist nicht mehr melancholisch-verklärt-starr, sondern entspannt-mit-einem-Hauch-Melancholie.

Vielleicht ist es für ihn persönlich ein gutes Zeichen, dass Larsen sich in eine zumindest melodisch positivere Richtung entwickelt – ich wünsche es dem Mann, der auf der Bühne so viel Schwermut in sich zu tragen scheint. Die Texte sind (natürlich?) weiterhin keine Ratgeber für eine positive Lebenshaltung und wir sprechen insgesamt auch nicht von ausgelassenem Gute-Laune-Pop. Alles wirkt aber leichter und in den Momenten, in denen mich Larsen nicht berührt, zieht das Album wie Luft an mir vorbei: Kann das noisige „Fall from view“ zumindest durch seine Position auf dem Album für eine schön fiese Zäsur nach den ersten drei „Ohren-Schmeichlern“ sorgen, für sich aber kam als wertvoller Beitrag stehen, so sind „Twilight halo“, „Les journées sans fin et les nuits solitaires“ und „Williamsburg bridge“ echte Einschlafhilfen. Und auch die restlichen 6 Lieder, die ich als Bereicherungen für den Katalog toller Lieder von :otwatm: sehe, haben zum Teil ihre Probleme: Da ist zum einen, dass keines der Stücke etwas aus dem Rahmen fällt. Sie sind schön, rund komponiert, gut produziert und ohrenschmeichelnd. Und durch die poppigere Art, die laut Larsen orientiert sein soll am Sound und Soundtracks der 60er/70er, muss man schon genau hinhören, um in jedem Stück die besondere Marke zu erkennen. Etwa die wundervolle E-Gitarrenlinie in „Nothing form me here“, die mir viel zu sehr in den Hintergrund geraten ist. Zum anderen sind da Dinge, die mich durch den routinierten Einsatz auch mal stören: Warum hört man in verdammt vielen Songs die immergleiche Bass-Linie. Ja, die ist effektiv und schön, aber viermal habe ich das Gefühl, dass man 2011 mit „Absence“ einen Sound für gut befunden hatte und seitdem nuanciert ausbaut und wiederholt. Auch der routinierte Einsatz von traurigen weiblichen Erzählern und wehmütigen Trompeten verliert an Kraft, wenn man ihn zu geballt, zu leichtfertig in die Lieder einbaut.

‚Your love can’t hold this wreath of sorrow‘ ist ein (sehr?) gutes Album. Ich bin mir sicher, dass viele Fans der Band deutlich euphorischer reagieren werden, als es mir möglich ist. Und wie gesagt, vielleicht liegt es daran, dass ich keinen Bedarf an schmeichelnden Pop-Schemen hatte, die die Emotionalität des Vorgängers nicht erneut transportieren können. Sicherlich waren meine Erwartungen nach 10 Jahren zu hoch und ich kann mit dem Titelstück und dem wundervollen „Let's take a ride (my love)“ (das durch die Basslinie und Gangart aber eben auch „Absence II“ heißen könnte) auf zwei Favoriten verweisen, die ich ohne Reue weiterempfehlen mag. Allen Freunden opulenter Folk Kost sei ein Reinhorchen dringend geraten, Fans von Larsen haben das Teil sicherlich bereits im Schrank. Für mich ist das Werk aber eine Enttäuschung auf sehr hohem Niveau, denn ich habe dieses Mal nicht das Gefühl, dass Larsen sein Projekt um neue Facetten bereichert hat, sondern sich zu sehr auf Einzelelemente des Vorgängers stürzte, die zweifelsohne gut waren, in dieser Fokussierung aber nicht die gleiche Kraft erzeugen können, wie es der Vorgänger in all seiner Abwechslung vermochte.

 

:oft he wand and the moon:

Your love can’t hold this wreath of sorrow

 

08.10.2021

Heidrunar Myrkrunar / Tesco

 

https://tescogermany.bandcamp.com/album/your-love-cant-hold-this-wreath-of-sorrow

 

01. Whispers of the past
02. Your love can’t hold this wreath of sorrow
03.Let’s take a ride (my love)
04. Fall from view
05. Love is made of dreams
06. Twilight halo
07. Les journées sans fin et les nuits solitaires
08. Williamsburg bridge
09. Nothing for me here
10. Barbs of time