Erde Ruft ist der zweite Streich der Hamburger Avantgarde Formation Oberer Totpunkt um Michael Krüger und Bettina Bormann. Thematisch setzen sich Oberer Totpunkt mit so ziemlich jedem möglichen menschlichen Abgrund auseinander. Bitterböse (weil wahr), zynisch anmutende (weil schonungslos offen) Texte treffen auf treibende Beats und atmosphärische Arrangements. Das Songwriting von Oberer Totpunkt lebt so stark wie auch die Texte von den Kontrasten: Harte elektronische Beats und dann wieder chorale Elemente von ausgebildeten, hervorragenden Sängern. "Blutmond" eröffnet "Erde Ruft" mit treibenden Sequenzen und Beats, danach folgt "Hamburg", der (nur zu wahre) Abgesang auf die schönste Stadt der Welt. Die folgenden neun Songs zeigen mit ihrem Abwechslungsreichtum, wie vielseitig Oberer Totpunkt klingen können. Die eindringlichen Texte von Bettina Bormann werden perfekt von der Musik untermalt und unterstützt. Die weiteren Höhepunkte sind "Schlacht", "Imperator", "Sepultura Asini" und natürlich der Titeltrack "Erde Ruft". Der finale Song "Dies Irae" begeistert durch den sakral anmutenden Gesang. Das nennt man wohl ein abwechslungsreiches Album. Sprechgesang ist mit Sicherheit nicht jedermanns Sache, aber ich fürchte, wohl vorwiegend deshalb, weil man über einiges einfach nicht nachdenken möchte. Doch Oberer Totpunkt legen pointiert und mit einer entwaffnenden Direktheit ihre Finger in die Wunden und holen gleich noch ein Fässchen mit Salz hinzu. Wer es düster, zynisch und makaber, untermalt von düsteren Beats und eigenwilligen Songstrukturen, mag, ist bei Oberer Totpunkt mehr als sehr gut aufgehoben.