Alben von Nucleus Torn bewirken bei mir einen immer eine Mischung aus Vorfreude und Vorbehalten. Nach einem ungünstigen Einstand (‚Knell‘) folgten Alben, die mich faszinierten, forderten und manches Mal eben auch überforderten. Dennoch wollte ich mich bei jeder weiteren Erscheinung gerne auf das Projekt einlassen und ich ziehe ich meinen Hut vor Multiinstrumentalist Freddy Schnyder und seinen ambitionierten Alben. Mit ‚Street lights fail‘ erscheint heuer der erste Teil eines konzeptuellen Duo, ‚Neon light eternal‘ soll im kommenden Jahr folgen. Zunächst muss man klar sagen, Nucleus Torn bleiben sich treu: Eine eigentümliche und Einsamkeit vermittelnde Grundstimmung, unterschiedlichste musikalische Stile, die mal harmonisch und mal scharfkantig ineinander übergehen, abrupte Wechsel zwischen sehr leisen und sehr lauten Parts und Melodieverläufe, die die volle Konzentration fordern. Doch es gibt auch kleine Besonderheiten auf ‚Street lights fail‘. Besonders ist sicherlich, dass Anna Murphy, mit der Schnyder bereits in der Vergangenheit zusammenarbeitete, dieses Mal den gesamten Gesang übernahm. Damit ist sie ein bestimmendes Element auf einem noch einmal verschrobener und zurückgezogener wirkendem Album. Ihr ehrlicher, vielseitiger und (im positivsten Sinne) nicht perfekter Gesang trägt wohl auch dazu bei, dass mir das Durcharbeiten durch anstrengendere Parts etwas leichter fällt. Drei Songs finden sich auf dem Album: Der unbetitelte Opener hält sich spielzeittechnisch mit 7 Minuten noch sehr zurück und ist ein relaxter Trip. Besonders gefällt mit der Cembaloeinsatz in einem eher jazzigen Rahmen und die transportierte Atmosphäre. „Worms“ ist mit 20 Minuten wohl der Kern des Albums und ein Parade-Nucleus-Torn-Song. Beginnend mit einem schroff-lautem E-Gitarren Einsatz bietet dieses Stück alle Facetten düster-progressiver Tonkunst. Durch die Spielzeit und die ständigen Melodie- und Klangwechsel ist es schwer, das Stück als Ganzes zu betrachten, doch die Reise macht mit jedem Neubeginn mehr Freude, versteckt Schnyder doch wie immer gelungene Melodien und Instrumenteinsätze in der Masse der über die Zeit erklingenden Sounds. "The promise of night" ist mit 12 Minuten und einer Fokussierung auf Stille, Ambient und Piano ein wundervoller Ausklang. Schnyders Mut, sich für seine Musik so viel Zeit zu lassen und auch bei nur drei Stücken auf Einleitung, Hauptteil und Schluss zu bestehen macht es noch einmal schwerer, Zweifler zu überzeugen. Mir persönlich hat das Album aber überzeugt und ich bin sehr gespannt, wie Nucleus Torn mit einem zweiten Werk nicht nur anknüpfen wollen sondern beide Werke als ein Ganzes erscheinen lassen.