Es gibt immer wieder Momente in denen ich es bedaure, dass durch das Internet auf Knopfdruck alle Informationen direkt zu bekommen sind. In Verbindung mit NTRSN („Intrusion“ ausgesprochen) ist es mal wieder so weit. Wie nett wäre es gewesen, wenn ich nach dem ersten Durchlauf von „People Like Gods“ hätte glauben können, dass dieses Album ein Juwel aus den 80igern oder 90igern wäre, dass mir bis heute verborgen geblieben ist. Dank des Internets wusste ich aber schon vor dem Hören, dass hinter NTRSN zwei Belgier stecken, die mit Hilfe einiger Szenegrößen und 100 % analogem Equipment ihr offizielles Debüt hinlegen, nach einer CDR aus dem Jahr 2008 namens „Human The System“. „Damals“ haben sich die Bands unter anderem an einem Punkt unterschieden. Es gab Bands mit einzigartigen Sängern wie Nitzer Ebb, Front 242, Skinny Puppy, Pankow etc., und solche, nicht minder faszinierende Bands, bei denen der Vocoder ausgeholfen oder alleine die Musik dominiert hat. NTRSN geht eher in letztere Richtung. Die Herren David und Declercq wurden in der Presse immer wieder mit Nitzer Ebb verglichen, was ich für etwas irreführend halte. Es sind durchaus NEP-Einflüsse zu hören, gerade im Opener oder bei „No Remorse“. Da bei diesem Vergleich aber viele Leser möglicherweise Musik wie die von Spetsnaz etc. erwarten, sollte gesagt werden, dass der musikalische Schwerpunkt bei NTRSN eher bei ihren Landsleuten aus der belgischen Hochzeit der EBM zu finden ist. Vergleiche drängen sich bei neuen Bands immer auf, hier entdecke ich besonders oft immer wieder neue Hinweise. Dabei sind es meist einzelne Sounds oder Passagen. „Never Before (Section One)“ erinnert an das großartige Debüt von Plastic Noise Experience. Beim unspektakulären „Chaosfields“ kommen The Normal durch und „The Coming“ klingt auf der einen Seite wie The Invincible Spirit auf „Current News“, auf der anderen dabei so belgisch, das es fast schon schmerzt. Und kurz vor Schluss hauen die beiden Herren mit „We Hate You“ ein knackiges Instrumental raus, welches nicht nur musikalisch an Portion Control erinnert, sondern auch deren Qualität hat. Und sich dabei wunderbar in einem DJ-Set zwischen Tommi Stumpffs „Massaker“ und „Magnum Force“ von Sielwolf machen würde. Aber ich schweife ab. Neben den aufgeführten Anspieltips, fallen einige Songs etwas ab, ich denke da an das etwas eintönige „Bodychange“ oder auch das versteckte, namenlose Instrumental am Ende der CD. NTRSN erfinden das Rad nicht neu (die fünf Euro werfe ich gerne ins Phrasenschwein), im Gegenteil, die Zitate sind überdeutlich. Aber um es noch einmal deutlich zu sagen, die musikalische Epoche, die hier eine kleine Wiederauferstehung feiert, liebe ich von ganzem Herzen. Und weil NTRSN es schaffen dabei authentisch zu sein, kann ich mich riesig darüber freuen, auch wenn es dann doch kein verschollenes Juwel von früher ist. Positive Nostalgie mit dem Druck und dem Tempo von heute. Auch wenn wie erwähnt ein paar kleine Hänger dabei sind, ist diese CD wirklich wunderbar und verkürzt nicht zuletzt die Wartezeit auf das neue Portion Control Album vom aller Feinsten. Da muss eine Liebhaberwertung drin sein.