Northern Lite sind eine Ausnahme. Und das auf ihre ganz eigene Art. Die drei Jungs aus Erfurt machten nämlich erst live von sich reden, bevor sie nach drei Jahren endlich das erste Album im Kasten hatten. So trieben Andreas Kubat, Gitarrist Larry Lowe aus Columbia/South Carolina, und DJ Boon (Sebastian Bohn) bereits auf der Loveparade ihr Unwesen, machten den Nature One unsicher und feierten auf dem Wire-Festival in Tokyo sowie bei Gigs in England und Spanien bereits erste Erfolge. Eine zur heutigen Musiklandschaft völlig konträre Entwicklung. Für Aufregung sorgte dann auch die im letzten Jahr erschienene EP mit Sigue Sigue Sputnik: "Sigue Sigue Sputnik vs. Northern Lite - Everybody Loves You". Dass das Trio bereits Remixe für Sono oder Yello gebastelt hat, erscheint anhand dieser Referenzen dagegen schon fast belanglos. "Reach The Sun" heißt das nun erscheinende Debütalbum, auf dem Northern Lite viele ihrer bereits erfolgreich live gespielten Songs zum besten geben. Dazu gehört auch eine Version des Sigue Sigue Sputnik-Songs "Everybody Loves You". Was unvereinbar scheint, wird dabei zu einer kompakten Einheit geformt. Rock meets Electro. Obwohl die rockigen Elemente doch sehr verhalten erklingen und eigentlich nur durch Larry Lowes Gitarrenspiel getragen werden, ist die Mischung sehr interessant. Anders als beispielsweise Think About Mutation, welche die etwas kraftvollere Variante gewählt haben, vermitteln die Songs auf "Reach The Sun" beim ersten Hören einen ruhigen Eindruck. Doch bereits beim zweiten oder dritten mal wird klar, warum das Trio live so sehr das Publikum aufmischt. Auf sehr unterschwellige Art und ohne übertrieben viel Bass produzieren sie einen packenden Rhythmus, dazu noch die rockige Gitarre, eine ganz leichte Prise 80er und schon erschließt sich einem die Einmaligkeit von Northern Lite. Eine weitere Besonderheit ist wohl auch Andreas Kubats lasziver und sehr lässig daherkommender Gesang. Obwohl selbiger manchmal frei von jeglichen Emotionen erscheint, ist er die ideale Ergänzung zu den mal treibenden, mal eher stillen Songs. Deren musikalische Spannbreite verblüfft dann auch immer wieder. "Even When" beginnt idyllisch, fast wie eine Rockballade, nur um dann in der Mitte des Songs in Electro-Pop umzuschlagen. Gitarrenlastig und mit elektronischen Beats geht es mit "Ways Ain't Working", einem der besonderen Highlights, weiter. Der Song rockt. Weitere Anspieltipps zu empfehlen, fällt fast schwer, da jedes der Stücke seinen besonderen Reiz hat. Lediglich auf das Intro hätte man verzichten können. "Reach The Sun" ist eine der Platten, bei denen man nach dem Hören nicht so ganz weiß, wie einem geschah. Findet man das nun gut, ist es seltsam, ja, was ist es überhaupt? Dann hört man die Scheibe noch mal und noch mal und kann gar nicht mehr aufhören...