Noêta aus der Provinz Västra Götaland, Schweden, umschmeicheln seit einigen Wochen meine Ohren mit ihrem zweiten Album ‚Elm‘ und mein Tipp vorab: Bringt Zeit, Geduld und Ruhe mit. Es kann sich lohnen, aber das hier ist kein Album für die Liebe auf den ersten Blick.

Aus einem Black Metal lastigen Umfeld stammend sind die beiden Multiinstrumentalisten Êlea und Ândris so ganz anders unterwegs: Sie nennen es „antinormativen Black Ambient“, ich sag „Ach was?“. Okay, ich hätte jetzt so auf irgendeine Form von Folk getippt, in der Stimmung lieblich wie The moon and the nightspirit, in der Ruhe und Atmosphäre an die fiebertraumartige Atmosphäre von Arcana oder Peter Bjargö erinnernd und gesanglich Freunde von Chelsea Wolfe, Darkher oder Anna von Hausswolff ansprechend. Aber jeder darf sein Kind benennen, wie er es mag – wie also klingt „antinormativer Black Ambient“? Nun, der erste Kontakt ist erst einmal kein verkehrter: Mit schmeichelnden Arrangements und dem sanften, leicht verträumt/betäubt wirkenden weiblichen Gesang ist man schnell bei der Sache, alles klingt nett und kann gut im Hintergrund laufen. Nun die nächste Hürde: beim zweiten Durchlauf aufmerksam bei der Sache bleiben: Noêta fordern fast 40 Minuten Aufmerksamkeit und man lässt sich sehr viel Zeit. ‚Elm‘ läuft schnell Gefahr, dass man den Kontakt, die Aufmerksamkeit verliert, wenn man nicht wirklich mit Ruhe herangeht – sollte man aber geduldig bleiben und mit einem Faible für diese Form des Folks und Gesang herangehen, so finden sich bezaubernde Arrangements: Akustikgitarre, Streicher und Gesang tragen weite Teile, ich empfehle den Opener, „Elm II“ und insbesondere „As I fall silent“ für den Lauschangriff und auf lange Sicht vermute ich, dass eine kleine Zielgruppe hier große Freuden erleben wird, während ein Großteil der Hörenden das Duo und das Album in der Schublade „Nett“ abspeichern werden.

Man merkt mir die Zweifel an, oder? Ich habe nichts gegen Noêta, wenn ich das Album konzentriert anhöre, dann find ich es auch sehr schön – aber ich kenne einige andere Projekte, die in eine ähnliche Kerbe schlagen und doch etwas mehr Ecken und Kanten oder besondere Melodien bieten, die man sich auch auf lange Sicht merkt. Die beiden Skandinavier wollen introvertierte, in sich gewandte Musik produzieren, schaffen dies auch und man kann ihnen sicherlich keinen Vorwurf daraus machen. Ich werde mir fest vornehmen, das Album in den kommenden Wochen noch ein paar Mal laufen zu lassen, um eine Entwicklung zu beobachten. Aber jetzt, nach 2 Wochen Intensivkontakt brauche ich eine Pause und allein die Tatsache, dass ich mir vornehmen muss, das Album noch einmal zu hören (anstatt es zu wollen und mich darauf zu freuen) zeigt, dass ‚Elm‘ zumindest an mir vorbeigeschmust ist und so wenig einprägsam war wie das Gesicht auf dem Titelbild.

 

Noêta

Elm

 

23.04.2021

prophecy productions

 

https://noeta.bandcamp.com/album/elm

 

01. Dawn fall
02. As i fall silent
03. Disillusion
04. Above and below
05. Fade
06. As we are gone
07. Elm
08. Elm II