Eine Platte mit eher puristischen, synthetischen Grundelementen, teilweise beeinflusst von der krautigen Elektronik der frühen Kraftwerk und den alternativen 80ern, zeitgemäß aufbereitet für das neue Jahrtausend liefert das Neue Kombinat mit ‚Artificial Innocence’ ab. Zehn neue Tracks sowie das bereits auf der Compilation ‚Intelligent Electro Pop’ veröffentlichte ‚Consumer-Baby’ laden auf eine Reise durch die Welt der am Computer erzeugten Popmusik ‚Made in Germany’ ein. In ‚Isolation’ eröffnet Hauptakteurin Sil mit kühlem englischen Sprechgesang den Reigen der unterschiedlich akzentuierten digitalen Perlen. Dabei erinnert der Gesang wie auch der in ‚She-Robot’ an Propaganda, und das ist durchaus als Kompliment zu werten! Ähnlich dynamisch wie diese beiden Tracks zeigt sich ‚Lies’, bei dem Sils Stimme passend durch einen männlichen Counterpart ergänzt wird. Diese Kombination geht auch in ‚immer noch’ auf, dem wohl poppigsten Song auf der CD mit echter Melodie im durch schleppende Drums ergänzten Chorus, der sich unaufdringlich in den Gehörgängen festfrisst. Auch ganz weit vorne muss man den Song ‚Licht’ einordnen. Hypnotisch anmutend werden hier elektronische Retro-Sounds a la ‚Section 25’ eingebunden. Leicht melancholisch mit charmantem bayrischem Akzent fleht Sil ‚Die Welt zerbricht, Schatten kommen, wo bist Du mein Licht?’. Tanzbarer mit sarkastischen Untertönen erzählt ‚Danke!’ von all den Idioten, denen man so im täglichen Leben begegnet – oder besser begegnen muss. Stechende Drums aus dem Synthesizer prägen das monoton-düstere ‚Personal Invader’ ähnlich wie auch in ‚es denkt!’ bei dem Sils Nachwuchs (?) kurz ans Mikrofon darf um eine kindlich verzerrte Einlage zwischen Gesang und Computer-animierten Sprachfetzen abzuliefern. Bewundernswert ist, dass es dieses Album bravourös schafft einen roten Faden durch die 50 Minuten innovativer elektronischer Musik zu legen und zusätzlich bei jedem Song aufs Neue durch abwechslungsreiche Stimmungen und Ansätze sowie intelligente und zugleich kurzweilige Texte überrascht. Professionelle Produktion, guter Gesang und Liebe zum Detail unterstützen den positiven Eindruck. Insgesamt eher für zu Hause und nur auszugsweise für den Club geeignet wird dieses Album wohl einer meiner Favoriten des noch so jungen Jahres... PS.: Es bürgert sich Gott sei Dank langsam ein, dass man interessierten Hörern die Möglichkeit gibt in Zeiten der DSL-Verbreitung neue Alben im Netz anzutesten. So auch hier: Los geht’s!