Eine neue Zeit ist angebrochen. Eine Zeit der Erleuchtung, des Fortschritts, der neuen Wege. Nicht unbedingt im Weltgeschehen, das leider nicht. Aber in der Musik. Jetzt ist die Zeit der neuen Helden. Die Zeit der Krähen. Die Bühne ist bereit, die Welt hält den Atem an. Es ist Krayenzeit. Und nichts wird so sein, wie es mal war.

Geboren in den Flammen des Mittelalter Rock, war es nie das Anliegen dieses Ludwigsburger Ensembles, lediglich die Asche dieses Genres zu hüten und zu bewahren. Mehr als um alles andere ging es den Süddeutschen um neue Wege durch altbekanntes Terrain, um einen frischen Blick auf alte Sagen. Das zeichnete schon die vorherigen Veröffentlichungen aus, mit denen die Band in den letzten Jahren einem immer größer werdenden Publikum bekannt wurde. „Auf dunklen Schwingen“, „Tenebra“ und „Von Mond und Schatten“ erschienen im Jahrestakt, brachten die Band aufs Wave Gotik Treffen und auf das Wacken Open Air sowie auf Tourneen mit Schandmaul oder Saltatio Mortis.

Nun ist es Zeit für die Verwandlung. Nicht eine kafkaeske Verwandlung, an deren Ende ein gänzlich neues, erschreckendes Wesen steht. Vielmehr eine Verwandlung, die aus Krayenzeit endgültig das macht, was sich schon in den letzten Jahren angedeutet hat: Die neue Stimme des mittelalterlichen Folk Rock, eine neue Macht, die das angestaubte Genre im Alleingang wieder aufregend macht.

Ihr „Saitentänzer“ ist ein Musikstück, wie es packender, verwunschener und intensiver nicht sein könnte. Statt einfach Märchen und Sagen zu erzählen, verwenden Krayenzeit die Erzähltechniken aus altvorderer Zeit, um einen entlarvenden Blick auf unsere Gesellschaft zu werfen. Darin ähneln sie den Barden von einst, klingen dabei aber keineswegs antiquiert. Im Gegenteil: So modern und zeitgeistig, so eingängig und knackig hart tönte Folk Rock bislang nur sehr selten. Sieben Mitglieder, jedes für sich eine Kapazität an Stimme, Instrument oder Arrangement, entfesseln ein musikalisches Babylon, ein folkloristisches Drama zwischen Metal, Rock, mittelalterlichen Melodien und elektronischen Ornamenten.

Und plötzlich ergibt auch die rapide Sukzession der bisherigen Studioalben einen Sinn: In wenigen Jahren haben sich Krayenzeit das Rüstzeug für den Durchmarsch angeeignet, das Arsenal, das sie brauchen, um den Folk Rock endlich mal entscheidend voranzubringen. Mit „Saitentänzer“ spielen sie sich, ihre Kollegen und natürlich ihre Hörerschaft spielend schwindelig – und fangen doch gerade erst an.