Es gibt Künstler, die trotz ansehnlicher Erfolge in der Vergangenheit einfach an einem vorbeiziehen – so lange, bis einem irgendwann eine Veröffentlichung in die Hände fällt, von der man derart begeistert ist, daß man sich fragt, warum man diesem Projekt nicht schon viel, viel früher Beachtung schenkte. Hierzu gehört (leider) für mich Andrea Haugen, musikalisch mit Aghast und vor allem Hagalaz Runedance ja wahrlich keine Unbekannte in der sog. schwarzen Szene. Nun dreht sich also mit „Dead Waters“ das bereits dritte Album unter ihrem Pseudonym Nebelhexe im Player und, wie gesagt, ich bin hingerissen... ... von Andrea's charismatischer Stimme. Über 10 Tracks hinweg umgarnt sie das Ohr, schmeichelnd für das Herz, fordernd für den Verstand und im Gedächtnis verweilend. Nebenbei wird durch die ungezwungene Natürlichkeit der Tonlage auch noch jedwede Kitsch-Klippe zielsicher umschifft - großartig! Hiermit könnte die Rezension eigentlich enden, doch was wäre ein noch so schöner Gesang ohne die passende Begleitung? Diese bewegt sich bei „Dead Waters“ zwischen stimmungsvollem Darkwave, mystischen Ambient-Klängen und erdigen Folk-Anleihen. Beginnt „Against The Wall“ mit aufreibendem Marschrhythmus und dunklen Gitarren, kühlt die Atmosphäre schon beim zweiten Titel „Skindeep“, der vom flüsternden Vortrag und dem gleichförmigen Takt der elektronischen Drums dominiert wird, merklich ab. Im Gegensatz dazu wirken Songs wie der orientalisch anmutende Titeltrack oder das weiche, mit Glockenschlägen verzierte „19th Century Ghost“ warm und einladend. Geradezu hypnotisch wiederum präsentieren sich Tribaltrommeln in „Digital Sleep“ und „Beyond the Ninth Wave“, letztere übrigens im ¾ Takt, während das teilweise rezitierte „In my Dreams I am Free“ ganz ohne Schlagwerk auskommt, was der fesselnden Wirkung keinerlei Abbruch tut. Für Dynamik sorgen an vielen Stellen wohldosierte E-Gitarren, welche dem bereits erwähnten „Digital Sleep“ oder „Fallen“ einen rockigen Anstrich verleihen und ein Abheben ins allzu Mysteriöse gekonnt verhindern. Das gefühlvolle, aufwendig arrangierte „The Nightguard“ schließlich rundet die Scheibe ab, die, und das ist der einzige Kritikpunkt, mit ca. 41 Minuten etwas zu kurz geraten ist. Was soll ich noch viele Worte verlieren? Kaufen, genießen und sich treiben lassen. So, und ich werde mir jetzt schleunigst den Backkatalog besorgen!