Dies ist keine Zeit für Revolutionäre. Die eigenen Ideale werden für einen Platz in der Mitte der Gesellschaft verraten, Ziele, Visionen und Integrität an die Wand gestellt, um ein Zahnrad in der Maschinerie zu werden. Nicht so bei Nachtmahr. Nicht so bei Thomas Rainer. Sagenhafte zehn Jahre ist es her, dass der Wiener Nonkonformist seinen Imperial-Industrial-Goliath aus dem Untergrund entfesselte. Und ihn eine Dekade Blut, Schweiß und Hingabe später zu einer unbezwingbaren Waffe von zerstörerischer Wucht herangezüchtet hat, die auf den Schlachtfeldern der weltweiten Clubs wütet wie ein von den Ketten gelassener Kampfhund. Unbeugsam. Ein Wort wie dieses ist für Rainer so viel mehr als eine Floskel. Von Tag eins seiner angestrebten musikalischen Weltherrschaft war Nachtmahr Gegenwind auf Orkanstärke ausgesetzt, wurde er angefeindet, an den Pranger gestellt, offen gehasst. Bündnisse wurden gegen ihn geschlossen, alte Freundschaften zu Grabe getragen. Doch Thomas Rainer ließ sich nicht beirren. Mit jedem Album, mit jeder EP, mit jedem Konzert bewies er eisernen Willen und Standhaftigkeit, erwies sich als siegreich – und prägte mit seiner Kunst, seiner Ästhetik und seinem apokalyptischen Sound die schwarze Szene wie es wenige vor ihm taten. Die Artworks, die Uniformen, der Stil und die Linguistik etablierten eine ganz eigene Mode, an dem man seine Truppen sofort erkannte. All die Jahre standen seine Anhänger treu an seiner Seite. Die Nachtmahr-Armee wuchs schnell, sie wächst immer noch, zählt Gefolgschaften auf der ganzen Welt. Erst Ende 2016 würdigte Supreme Commander Rainer diese Treue mit dem Fan-Album „Mit vereinten Kräften“. Jetzt blickt er erstmals auf seine bisherigen musikalischen Feldzüge zurück. Passender als „Unbeugsam“ hätte er diese erste umfassende Nachtmahr-Retrospektive also gar nicht nennen können. Zehn Jahre Nachtmahr, zehn Jahre Imperial Austrian Industrial, zehn Jahre eine Faust im Gesicht all der Neider, Kritiker und Verräter. Deshalb ist die Doppel-CD auch keine gewöhnliche Best-Of, die sich jeder wirkliche Fan einer Band ehrlicherweise sparen kann. Während sich der Industrial-Inkubus auf dem ersten Album nach allen Regeln der Kunst retrospektiv austobt und auf die größten Momente der vergangenen zehn Jahre zurückblickt, entpuppt sich CD Nummer zwei als wahre Fundgrube für alle Klangsoldaten und Mädchen in Uniform. Sie besteht ausschließlich aus Raritäten, aus Songs von vergriffenen und gesuchten Veröffentlichungen. Besonderes Highlight sind die Stücke der ersten EP „Kunst ist Krieg“, der allerersten Nachtmahr-Veröffentlichung überhaupt! Seinerzeit limitiert auf 999 Exemplare, avancierte dieses Kleinod schnell zu einem der begehrtesten Sammlerstücke im Industrial/Electro-Genre. Schon damals zeigte sich in bislang ungeahnter klanglicher Wucht, welch ein Sturm sich da am Horizont zusammenbraute. Was danach geschah, wissen wir alle... Für neue Albträume sorgen die zwei neuen Songs „Feiert das Fleisch“ und „Schlag zu!“, die einen ersten Ausblick in die bedrohliche nächste Ära des alles verzehrenden Nachtmahrs geben, zudem verwöhnen zwei dicke Booklets mit tonnenweise Bildern. Wer dieses Projekt kennt, weiß, wie wichtig und stilprägend seine Bildsprache ist. Oft kopiert, niemals erreicht – auch an dieser Front ist Nachtmahr der wahre Pionier. Das Begleitheft zum ersten Album ist ein Streifzug durch die bisherigen Artworks und Foto-Kampagnen, enthält darüber hinaus viele rare Fotos aus den frühen Tagen; das zweite Booklet fesselt mit einer Chronologie der Streifzüge des Nachtmahrs durch die Konzerthallen der Welt und macht die industrielle Revolution ein weiteres mal greifbar und deutlich. Von Anfang an stand Nachtmahr nämlich für viel mehr als Musik, für viel mehr als einen unerbittlich in die Knie zwingenden Sound. Nachtmahr ist eine Philosophie, eine Lebenseinstellung, eine Weltanschauung. Und diese Retrospektive ist das beeindruckende Muskelspiel eines Anführers, die Biografie eines Imperators – unbequem, unerbittlich, unbeugsam!