‚Neukraut’, so ordnet die Plattenfirma die Musik auf dieser EP ein. ‚Neukraut’? das werden sich jetzt zumindest einiger der jüngeren Leser fragen. Ich durfte es auch nicht mehr live erleben, wie in den Siebzigern Düsseldorf die Metropole innovativer Musik in Deutschland wurde und neben den allseits bekannten Kraftwerk auch Bands wie ‚Neu’ oder ‚La Düsseldorf’ hervorbrachte, die - genau jetzt kommen wir wieder zum Punkt – neue Strukturen in die elektronische Musik brachte, die man dann später als ‚Kraut’ bezeichnete. Charakteristisch dafür waren oft hypnotisierende, geloopte Themen, die konventionelle Instrumente mit den aufkommenden Synthezisern verbanden. Und genau da setzt Musiccargo an. In den Neunzigern gab es bereits verschiedenste Referenzen auf Kraut, sei es in Form von ‚System 7’ und ‚Stereolab’ oder durch Gastauftritte wie ihn bspw. Jaki Liebezeit auf Depeche Modes ‚The Bottom Line’ 1997 oder Holger Czukay in in EMFs ‚Perfect Day’ hatten. ‚One way ticket’ eröffnet den Fünfer-Reigen als Song, in dem die synthetischen Sounds eindeutig dominieren. Ein klein wenig Jarre hört man heraus, wenn der treibende, gleichförmige Rhythmus durch hallbelegte Bleeps unterlegt wird. Etwas geschmeidiger aber nicht weniger hypnotisierend präsentiert sich ‚Black Horse’, wobei hier die Elektronik bereits in den Hintergrund rutscht. Ein recht konfuses Gesäge auf der Gitarre mit breiigem Gesang im Hintergrund, so kann man vielleicht den Track ‚Der Schmetterling’ beschreiben. Sehr experimentell und nur wenig eingängig kann ich damit irgendwie nicht viel anfangen. Wer sich noch bei ‚Kraut-Ideen’ bedient hat hört man sehr schnell bei ‚Eller 119’, das auch durchaus aus der Feder der bereits referenzierten ‚Stereolab’ hätte entspringen können. Hämmernde Klavierakkorde vereinen sich mit den Klicks eines Metronoms, schnellem Hi-Hats und Sounds ‚from outer space’. Schließlich bildet ‚Ich geh den Weg mit Dir’ den krönenden Abschluss der EP. Das wohl zeitgemäßeste Stück der EP mit deutschem Sprechgesang (nein, kein Rap) bietet einen minimalistischen Aufbau, der mit sanft dahinschwebenden Flächensounds und Gitarrensoli angereichert wird. Die ‚Schmetterling EP’ ist nichts, was man mal so nebenbei hört, es sei denn, man sitzt gerade mit guten Freunden und einer Tüte auf dem Sofa. Musiccargo haben bewusst den Ansatz gewählt, Kunst und Musik zu vereinen, was sich auch in dem knallbunten aber extrem gelungenen Cover des dänischen Künstlers ‚von Hornsleth’ niederschlägt (das waren noch Zeiten, als die Covers 12“ groß waren...). Insofern möchte ich behaupten, dass diejenigen, die bisher nichts mit früher Elektronik der Siebziger am Hut hatten auch durch die ‚Schmetterling EP’ nicht an diese Art der Musik herangeführt werden. Für die Liebhaber dieses Genres hingegen bildet diese Veröffentlichung ein Schmankerl das alte Muster beibehält jedoch auch den Mut findet diese mit aktuellen Patterns zu verbinden.