Aus Amerika kommen derzeit bewegende Versuche, Polizeigewalt zu kritisieren, wenig beruhigende Bilder der staatlichen Reaktionen auf die Proteste, weitere Allmachtsfantasien eines menschgewordenen Batzen Erbgeldes ohne Empathie und erfreulich starke Musik. Also wenden wir uns von den Nachrichten ab und schauen uns das selbstproduzierte Zweitwerk des Quasi-Duos Misanthropik Rituals an. Man muss auch nicht lange schauen, denn das Album ist so erfreulich wie kurz – 32 Minuten ist ansich nicht viel für ein Album, aber da man die 6 Stücke für gerade einmal einen Dollar (plus Trinkgeld) bei Bandcamp ordern kann, geht das mehr als in Ordnung.

Und was hört man da so? Ich höre in 'A path through absent places' eine ausgesprochen ausgewogene, nostalgische und gelungene Mischung aus Mid-Tempo Blackmetal, der mich bisweilen an ganz alte Suidakra erinnert und angenehm roh produziert ist. Statt dauerhaftem Tremolo-Picking und nordische Blastbeats ist hier mehr Flair der rauhen 80er zu spüren, das Keyboardspiel hingegen gemahnt an Norwegen oder Österreich zu Beginn und Mitte der 90er. Nach dem wuchtigen Einstieg "The Violation of paradise", das fast schon zu klassisch metallisch daherkommt für Black Metal, erinnert mich "Dweller in nocturnes" an frühe Dimmu Borgir mit diesen epischen Momenten von Bal Sagoth (also nicht die hysterischen Märchenkreischparts). "Beset with shroud of pitch" ist ähnlich wie "Entrance" von Dimmu Borgir ein von seinen traumgleichen Keyboards dominiertes Stück. Ganz wunderbar. "At the gyre of holocaust" schlägt Brücken zu Naglfar, "An absent place" ist ein typisches Zwischenstück, Akustikgitarren, zuückhaltende Keyboards und viel Sehnsucht und "The mountain my cairn" geht noch einmal eher in die schwedische Richtung und mit einigen Death ansätzen.

Allein die schiere Abwechslung die die sechs Stücke bieten ist bemerkenswert. Hinzu kommt eine von Nostalgie getragene Art und Weise, die an keiner Stelle altbacken sondern stehts authentisch und enthusiastisch klingt. Misanthropic Rituals hätten 1993 sehr gut dagestanden, aber sie schaffen es auch, aktuell überzeugen zu können. Mir gefällt die Produktion, die nach selbstgemacht klingt, aber nicht schrottig, entschuldigung, trve sein will – ähnlich der ersten Abigor Alben vielleicht. Insgesamt machen Freunde schwarzmetallischer Kost mit einem Faible für deutlichen, aber nicht übertriebenen Keyboardeinsatz (der auch nicht nach realen Instrumenten klingen will) hier nichts falsch – vor allem nicht bei dem Preis.

 

Misanthropic Rituals

A path through absent places


 

25.05.2020

Eigenvertrieb

 

https://misanthropicrituals.bandcamp.com/album/a-path-through-absent-places

 

01. The Violation of paradise

02. Dweller in nocturnes

03. Beset with shroud of pitch

04. At the gyre of holocaust

05. An absent place

06. The mountain my cairn