Und das Karussell dreht sich und dreht sich. Ich würde wirklich gern mal ein paar Marilyn Manson-Alben hören, die mit konstantem Line Up aufgenommen wurden. Vielleicht würde man dann endlich eine rote Linie im Werk des amerikanischen Exzentrikers erkennen. Denn wenn wir ehrlich sind, kam musikalisch in den letzten Jahren wenig Großartiges aus dem Hause Brian Warner. Nun ist Twiggy Ramirez wieder an Bord, nachdem es ihm 2002 zu langweilig geworden war. Dafür wurde Rob Holliday wieder vor die Tür gesetzt. Langsam erinnert mich das Bandkarussell an Kiss. Ob da „The High End Of Low“ der ersehnte Befreiungsschlag geworden ist? Zweifel sind berechtigt... Los geht es mit ungewohnt ruhigen Tönen. „Devour“ ist bereits beim ersten Hören ein echter Ohrenschmaus. Der verzweifelte Opener ist sicher mit das Beste, was Manson in den letzten Jahren veröffentlicht hat. Die Textzeile „And I Love You – If You Let Me“ beschert Gänsehaut. Ungewöhnlich melodisch, dennoch typisch Manson-Like. Dann bricht der Sturm sehr rockig los – in gewohnter Manier schreit sich Manson um den Verstand, während die Instrumente ein buntes Chaos treiben. Starker Beginn! Doch leider dauert es ein Weilchen bis ähnliche Qualität aus den Boxen stampft. Denn die folgenden „Pretty As A $“ und „Leave A Scar“ sind eher schmückendes Beiwerk und rauschen schnell vorbei. Traditionelle Manson-Stampfer eben. Das es auch anders geht zeigt „Four Rusted Horses“: Mit Akustikgitarren kann man doch richtig Druck generieren. Das bereits als Single ausgekoppelte „Arma-goddamn-motherfuckin-geddon“ ist eines der Highlights des Albums. Zunächst im Billy Idol-Stil gehalten, glänzt der typische stampfende Beat, der im Refrain in einem Glam-Chorus zerbricht. Das ist zwar nicht wirklich neu, kann aber dennoch unterhalten. Genau wie der medienkritische Text - „first you try to fuck it, than you try to eat it“ geht jetzt schon nicht mehr aus dem Kopf. „Black And White“ ist ein wenig überfrachtet und das kurze Instrumental „Running To The Edge Of The World“ kürzer als der Name. Schon in der Halbzeit erkennt man, dass man auf Neuerungen umsonst gehofft hat. Einige Highlights werden mit überfrachteten Industrial-Rocksongs in einen Pool geworfen. Wer hilft wem? Zum Glück versucht er nicht, alte Klassiker aufzuwärmen, wobei „I Want To Kill You Like They Do In The Movies“ schon an „Mechanical Animals“-Zeiten erinnert. Ein kriechender Fiesling, der sich tief in die Hirnwände eingräbt und ein seltsames Gefühl einpflanzt. Ganz klar – der Mittelteil ist der Schwachpunkt an „The High End Of Low“. Erst mit „Unkillable Monster“ wird es wieder besser. Und warum? Weil Herr Warner aus dem traditionellen Rhythmus ausbricht und ruhigere Töne walten lässt. Mehr davon! Doch es wird noch besser. „We’re From America“ kommt ungewohnt locker, dennoch druckvoll aus den Boxen. Wie eine fröhliche Dampfwalze schleift sie dich auf die Tanzfläche. So macht Marilyn Manson Spaß. Rockig, freakig aber dennoch mit viel Groove und absolut tanzbar. Das letzte Drittel hat aber noch einen Höhepunkt auf Tasche: „Into The Fire“ schließt ein wenig an den Opener an. Seine krächzende Stimme passt einfach perfekt in diese gefühlvollen Balladen. Garniert mit einem netten Gitarrensolo, gibt es was Feines auf den Tisch. Fazit: Marilyn Manson erfindet sich nicht neu. Das hat sicherlich auch keiner erwartet, aber ein wenig mehr Mut für Experimente hätte „The High End Of Low“ sicher gut getan. Dennoch übertrumpft es die letzten beiden Werke um Längen. Ob er jedoch noch einmal solche Höhen wie zu „Mechanical Animals“ oder „Antichrist Superstar“-Zeiten aufsteigen kann, bleibt fraglich. Keine Frage, Musikfreunde werden an „The High And Of Low“ ihre Freude haben und einige Songs in ihre Favorit-Liste einfügen können. Insgesamt ist das Album mit 15 Songs aber einfach zu lang, um auf Dauer gefallen zu können.