Die Ankündigung eines Indie-Travelguides für UK/Europa erschien mir als eine spannende Sache. Und wenn dann noch die gestalterischen Input liefern, die betroffen sind, nämlich Indie-und Alternative-Musiker, muss dabei doch ein kleiner Schatz herauskommen. Oder vielleicht doch nicht? Leider gibt’s da einige Einschränkungen. Stellt sich zunächst die Frage, wie die Zielgruppe für das vorliegende Werk angesetzt wurde. Man könnte sich schließlich einen geschriebenen Begleiter für junge Rockbands vorstellen, die nach ihrem Gig in der kleinen walisischen Stadt XY noch ein paar Einkaufstipps haben möchten oder aber auch Unterhaltungsliteratur, bei der die befragten Musiker – und deren Anzahl ist beachtlich – eine nette Anekdote über ihre Heimatstadt abgeben und diese mit ein paar coolen Adressen ergänzen. Bezüglich dieser beiden Richtungen wird leider keine Entscheidung getroffen, so dass man zwar selbst fotografierte und teils auch gemalte Bilder der Gastautoren einbindet, dann aber doch nach Schema F bereits nach wenigen Seiten Langeweile aufkommen lässt. Und das geht so: Künstler spricht: Stadt, Sehenswürdigkeit, Galerie, Kneipe, Club, Plattenladen, Klamottenladen, Besonderheiten: Ende. Dass für London ein gutes Dutzend netter Menschen ihren Beitrag zu diesem Buch geliefert haben ist gut und richtig, wenn dann allerdings aufgrund des vorgegebenen Gerüsts zum vierten Mal die Tate Modern (zugegebenermaßen berechtigt) als Highlight zum Thema Galerie angegeben wird, fängt man an zu blättern… Auch wurden leider nicht die überflüssigen Infos herausgefiltert. Beispiel: ‚Schuhgeschäft: Da gibt es in Wallington nur Clarks, wobei die hauptsächlich Kinderschuhe verkaufen. Meine Schul-Schuhe waren alle von Clarks’. Oder für Ludvika: ‚Kneipe: Gibt es nicht wirklich […]. Club: Haben wir hier auch nicht, aber mit ein bisschen Glück könnt ihr doch irgendwo jemanden traditionellen schwedischen Reggea spielen sehen. Restaurant: Haben wir hier auch nicht. Es gibt hier nur eine Pizzeria, die ich aber niemandem empfehlen würde.’ Informationsgehalt minimal größer Null. Und wenn dann Tomte für Berlin auch noch den Clarks-Schuladen empfiehlt (insgesamt wird die Kette acht (!) Mal im Buch referenziert), gilt die alte Weisheit, dass manchmal weniger eben mehr ist… Von der Struktur her sind die Infomationen leider auch nicht schlüssig angeordnet. Zu verstreut im Inhaltsverzeichnis, den Kapitelanfängen und den eigentlichen Beiträgen sind sie verteilt. Noch ein Schwachpunkt ist das dürftige Kartenmaterial, was zum Umherirren in den Städten führen wird, mit dem positiven Effekt, dass man dabei evtl. die wirklichen Kleinode findet. Was bleibt ist eine gute Idee, die leider nach der Umsetzung nicht Fleisch nicht Fisch geworden ist. Der Trade-Off zwischen Informationsgehalt und Unterhaltungswert wurde nicht betrachtet und so ist es fraglich wer das Buch kaufen wird…