Bands aus dem Bereich Neofolk/Neoklassik, die ich noch nicht kenne, laden mich meist zu einer kleinen Internetreise ein.... zu groß ist leider die Gefahr, dann doch eine Band zu besprechen, die eben nicht nur alten Zeiten und Sounds huldigt, sondern die politisch fragwürdige Botschaften vertritt oder sich in einem Umfeld bewegt, dass eindeutig nicht zu befürworten ist. Bei den Italienern Lupi Gladius lässt sich festhalten, dass die erste Veröffentlichung auf einem mir suspekten Kleinstlabel erschien und bei der „Blauen Narzisse“ besprochen wurde. 2014 ist man aber bei SPQR unter Vertrag und auch wenn ich nicht meine Hand für Lupi Gladius ins Feuer halten würde, sieht die Sache doch recht sicher aus.... Aus Italien stammend steht das 2002 gegründete Projekt für klassischen und sehr italienischen (Neo)Folk. 'Veritas' verknüpft optisch martialisch römische Altertümlichkeit mit der Gestaltung, die an Layouts aus der 20er Moderne erinnert. Und so finden wir uns mit dem Intro in einer sonnendurchfluteten Region Italiens wieder und hören eine reine Akkordeon-Weise. Ich kann nicht erahnen, wie es anderen Hörern ergeht, aber mich fesselt die Idee, ein solches Album dermaßen reduziert und unmodern zu beginnen. Vollkommen auf dem Boden der Tatsachen geholt setzt „L'egogio dell'alterità“ zum (Neo)Folk Reigen an. Irgendwo zwischen Ordo Equilibrio, Spiritual Front und deutlich dem Debut der Landsmänner Varunna entfaltet das Stück eine entspannte Kraft: Drums, Akkordeon, Gitarre und Orgel/Keyboard-Klänge, dazu ein emotionaler, aber nicht aufgesetzter männlicher Gesang – ich horche auf. Das folgende „Gli ultimi bagliori“ erinnert durch die schwelgende Epik und den weiblichen Gesang an Hekate oder ältere Camerata Mediolanense. „La nuova adunanza“ lässt durch die Stimmung und die Trommeln Bilder von friedlichen Momenten in stürmischen Zeiten aufkommen. Auf Albumlänge wechseln sich Folk und neoklassische Epik ab, die Band weiß trotz klassischer Instrumentierung nicht zu langweilen und Songs wie „Umano e imperfetto“ machen richtig Spaß. Nach etwas mehr als einer halben Stunde endet 'Veritas' und hat mich überzeugt. Größere Namen des Genres müssen sich in Acht nehmen, denn die Professionalität, mit der hier die Instrumente bedient und zu einem schlüssigen Ganzen zusammengefügt werden ist beachtlich, gesanglich hängt man viele Kollegen ab und alles in allem ist das Werk eine feine Sammlung, die keine trügerischen Samples, industriellen Brüche oder politische Provokation benötigt. Einfach schöner, klassischer und unmoderner Folk.