Sascha Lemon alias LPF12, der in diesem Jahr bereits drei EP's und ein Album herausgebracht hat, veröffentlicht mit seinem Industrial/IDM Projekt nun den zweiten Teil einer Trilogie. "Individual Suffering", so der Titel des aktuellen Albums, wird somit zu seiner fünften Veröffentlichung im Jahr 2010. Lemons Veröffentlichungslust ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass zwischen der frühen Entstehungs- und Wirkungszeit von LPF12 und dem diesjährigen Comeback immerhin fast fünfzehn Jahre Pause liegen. Eine lange Zeit, um sich einen Fundus voller Ideen anzureichern und vielleicht auch ein entscheidender Grund dafür alles sofort ausprobieren zu müssen, es in Hörbares umzuwandeln, damit es anschließend mit den Hörern geteilt werden kann. "Individual Suffering" zeigt sich mit einem großen Aufgebot an Titeln. Insgesamt gibt es für den Hörer zehn Originale und zusätzlich sechs Fremdversionen zu ergründen. Am besten gelingt das zurückgelehnt und unter Kopfhörern. Dann lauscht man den schattenhaften, vertrackten und oft verschlossen wirkenden Klängen, die eine Grundfinsternis und Schwermütigkeit gemeinsam haben, die neblig-graue und unruhige aber interessante Landschaften vor dem inneren Auge zeichnen. Und dabei erweist sich dieses Album als eine kleine, ganz sicher unfreiwillige Berg- und Talfahrt. LPF12 gelingt es zwar auf der einen Seite, angenehme und sphärische Sounds zu generieren, die das Kopfkino noch weiter beflügeln, bringt auf der anderen Seite aber auch eintönige Titel, die sich ziehen und nur wenig zu bieten haben. Empfehlenswert ist vor allem das geheimnisvoll klingende, bewegliche "Avoid", das den Hörer mitnimmt, weil es sich viel offener zeigt als seine Vorgängertitel. Auch das ruhige und melodische "Living In Ruins" überzeugt. Nicht zuletzt wegen der sympathischen weiblichen Unterstützung beim Gesangspart. Hier mit aufgeführt werden muss natürlich auch das komplexe "Needless", bei dem es so scheint, als würde alles ineinanderfließen und am Ende ein großes Ganzes ergeben. Oder das siebeneinhalb Minuten lange "Evolving Presets", das am deutlichsten zeigt, wo Sascha Lemons Stärke liegt: bei den sphärischen Sounds, die sich von selbst erzählen. Mit In A Mindset, Edriver69, Impurfekt, dem Amerikaner Zach H. (Apparent Symmetry), dem kanadischen Soloprojekt Furthest From The Cold und dem Spanier Erissoma sorgt LPF12 für eine ansprechende Mischung an Remix-Partnern, die sich alle die Titel zu Eigen machen und ihnen ihren Stempel aufdrücken. Hervorzuheben sind dabei der Edriver69 Remix, der "Generous" entstaubt, der In A Mindset Remix, der aus "Benchmark" einen passenden Soundtrack für einen Horror/Thriller à la Kill Theory macht und der gelungene Impurfekt Remix zu "Avoid". Das Fazit lautet: "Individual Suffering" ist gut, es könnte aber besser sein. In Zukunft sollte Sascha Lemon weniger experimentieren, sich mehr auf seine tatsächlichen Stärken verlassen und diese verfeinern.