Ein Spaziergang im Park ist „Melodies Of Immortality“ nicht: Der Zweitling des exzentrisch-unberechenbaren Duos Lord Kesseli And The Drums ist nicht minder weihrauchschwanger als das Debüt, und auch er birgt höllische Höhen- und himmlische Tiefflüge. Acht Tracks erzählen von Wechselwirkungen bei Experiment und Chemielaborantin, Roboter und Mensch, Patient und Therapie. Die Welt ist ein Kabinett voller Absurditäten, und Lord Kesseli And The Drums verpacken sie in Melodien, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen – bloss, um es im nächsten Augenblick mit einer solchen Kraft durch den Körper zu jagen, dass der Amazonas vor Neid erblassen würde. Wenn er denn könnte. „All my friends are made out of love / I’m the designed one / I am healthy strong and hot as hell / I’m the designed one“: Bereits mit dem Opener „Chemical Mother“ manifestiert das Duo seinen Ruf als die irrsinnigste Band der Schweiz. Ihr Mix aus Rock und Psychedelik, aus tröstenden Akkorden und niederschmetternden Arpeggios, ihr Drang, auf Versöhnung mit Zerstörung zu reagieren, all dies hat einen pathologischen Beigeschmack. Der ist bitter auf der Zunge und verrät: Nehmt euch in Acht. Denn „Melodies Of Immortality“ ist kein Spaziergang im Park. Auf acht Tracks zeigt uns der frenetische Lord mit viel Reverb und Pathos, wie seine Welt aussieht. Er singt über die Liebe zu seinem Roboter und gesteht: „Didn’t you get how deep in love I am / I don’t need anyone else / please come back to me / you gave me everything“ (Robert My Robot); über einen von Psychopharmaka durchtränkten Tagesablauf: „I’m always on the bridge / between my bed and the fridge / rock ’n’ roll in my veins / my neighbor thinks I’m strange“; über einen Magier, der ihn dupliziert: „I want you to make two of us / one is free / one is in love“. Ihre endgültige Dramatik erlangen diese Texte durch das Zutun von The Drums, dessen cholerisches Schlagzeugspiel und Einsatz von Effekten diese von Lord Kesseli geschaffenen Halbwelten zähmt oder aufpeitscht. In der Rolle des leidenschaftlichen Dompteurs bestimmt er die Dramaturgie, die Intensität, die Radikalität der Performance. Grenzen? Existieren im The Drums Universum nicht. Denn dort sind alle Instrumente in A=432 Hz gestimmt, einer alternativen Stimmung, die ein mathematischer Verbündeter im Einklang mit dem Universum ist. Als reiner mathematischer Grundton der Natur erzeugt er daher bei den Zuhörern gesunde Effekte. Es bringt natürliche Harmonie und Ausgleich der dritten Dimension und verbindet dich mit einem höheren Bewusstsein. Die reine und saubere Energie von 432Hz beseitigt mentale Blockaden und öffnet den Weg zu einem erfüllteren Leben. Zweieinhalb Jahre nach der Veröffentlichung ihres selbstbetitelten Erstlings erscheint „Melodies Of Immortality“ auf Irascible Records und Bookmaker Records. Das Album wird auch als Doppelvinyl veröffentlicht, und das schwarze Gold steht der Musik von Lord Kesseli And The Drums unverschämt gut. Lord Kesseli And The Drums werden ihre Tour durch die Länder Europas mit dem Zweitling fortsetzen, und wer das Duo einmal live gesehen hat, wird die Beklemmung, die von Weihrauch geschwängerte Luft, die Finsternis, aber auch die Befreiung so schnell nicht vergessen. Denn am Ende suchen auch Lord Kesseli And The Drums die Erlösung, und so teilen wir alle die Ängste und Unsicherheiten, die uns auf dieser Erde, diesem Absurditätenkabinett, zusammenschweissen: „Deep in my heart / I know what’s right / but I’m afraid / to look inside“, singt er in Winterstorm, und später setzt die Stimme von Marie Malou ein, die uns das Herz zerreisst und zuflüstert: „Guide your heart / to the end of this night / there will be a sunrise / even you will find some light.“