Was habe ich mit "Schwarzwald" gefeiert... Nach einem sehr angenehmen und positiven Debut-Album war es gerade das Zweitwerk des irren Duos Lola Angst, das mich zu einem überzeugten Freund der Formation machte. Nicht nur, dass die beiden Herren sich genüsslich in den schönsten Pfützen aus 80er, EBM und Elektro suhlten und dabei nur die besten Schlammspuren an sich kleben ließen: im Gegensatz zum Material artverwandter Projekte steckte in vielen Songs auf "Schwarzwald" einfach lebensbejahender Irrsinn. "Final War", "Mr. TriseX" und die Kuhglockenversion vom "Ziggy"Song begleiten mich auch heute noch durch Situationen des Alttags, die einfach ein bischen mehr Farbe benötigen. Hoch lebe also Lola Angst - und das hat die Band scheinbar auch erkannt und benennt ihr drittes Album auch ganz selbstbewusst "Viva la Lola". Doch darf sie sich mit dem gebotenen Material überhaupt anmaßen, so derartig selbstbewusst aufzutreten? "Viva la Lola" ist nicht wirklich mit "Schwarzwald" vergleichbar. Weniger durch sind die Musiker bei weitem nicht - nur leben sie sich anders aus und es fällt schnell auf, dass es etwas beschaulicher zugeht. Weg von den schnellen Klopfern und tanzanimierenden Programmierungen hin zu (und ich schreibe das mit nach oben gezogener Augenbraue) poppigeren Themen. Das muss man alles nicht so wörtlich nehmen, denn weiterhin sind Lola Angst eine räudige Mischung elektronischer Klänge, aber zum einen wirken die meisten Songs etwas langsamer und ruhiger. Zum anderen finden immer wieder Refrains Einzug in die Lieder, die irgendwie an Elvis-Material ("Boulevard of broken hearts") und ähnliche Kaliber erinnern. Dass Lola Angst aber weiterhin sie selbst sind erkennt der aufmerksame Leser bereits an den Songtiteln, deren Ähnlichkeiten mit bekannten Hits gewiss zufälliger Natur sind. Die schräge Programmierung und die schön schrecklich falsche Betonung der englischen Texte tun wie immer ihr übriges. Ich brauchte einige Durchläufe, aber nun bin ich der festen Überzeugung: Lola Angst sind mit "Viva la Lola" weder schlechter noch besser als bisher - sie sind einfach saustark trotz musikalischer Entwicklung. Und die hohe Qualität zieht sich durch das gesamte Album! Ein klasse Album zum Jahresabschluss - das sollten sich Fans elektronischer Musik mit Hang zum leicht schrägen wirklich gönnen. Anhänger der Church of Lola werden es sowieso lieben und vielleicht wird die Gemeinde ja weiterhin wachsen zu wünschen wäre es den Irren. Ach ja - für die flinken Käufer gibt es in der ersten Auflage auch noch eine BonusCD auf die Ohren, die den LiveWahnsinn des Duos ganz wunderbar nach Hause bringt. Eine schöne Zusammenstellung aus älterem und aktuellen Material, sehr guter Sound, klasse Live Qualitäten - sowas würden andere Bands als Live Scheibe für extra monetäre Mittel anpreisen und hier isses "schnöder" Bonus. Daumen hoch, vor allem für die herrlichen Dekonstruktion der Nationalhymne im Intro.