Vermutlich würde es das Projekt Lola Angst mit seiner ersten VÖ "Am I Dead?" in dieser Form und zu diesem Zeitpunkt nicht geben. Wäre da nicht Ex-Blind-Passgengers-Mastermind Reiner Schirner gewesen, der eines Tages ein "'Lola Angst' - Freedom Bondage Event" in Berlin besuchte. Dort quälte der Ex-Kamikaze 52 Herr DJ Alexandar Goldmann gerade wieder einmal seine fette, 150 kg schwere und unterwürfige Dienerin - die Kirchenorgel Lola. Diese erwarb er im Ausverkauf einer Lichtenberger Dorfkirche. Zu Hause hatte er ihr anschließend 1600 Watt an jeder Hüfte verpasst, zudem den neuesten MIDI-Standard. Und seither benutzt er sie neben ihren eigentlichen Qualitäten außerdem zur Ansteuerung diverser analoger Geräte bei seinen Shows. Da sich Lola durch diese Veränderungen etwas overdressed fühlte, hatte sie Angst auf die Straße zu gehen, Goldmann nimmt sie aber trotzdem mit zu seinen Auftritten... Lola Angst - oder die Neuerfindung der Kirchenorgel als Elektrogranate im Inferno bzw. des Dark Elektropunks. Reiner Schirner konnte den widerstrebenden DJ Goldmann irgendwann zur Aufzeichnung der Lola-Sessions überreden, unter Goldmanns Bedingung, dass alles mit den analogen Geräten live eingespielt werden würde. Gesagt, getan und so finden sich nun neben dem Original "Am I Dead" noch die Songs "You Let Me Kill" und "No Fear Of Life" auf der Maxi, sowie zwei weitere Mixe von "Am I Dead". Zum einen von The Scandals und zum anderen von Reiner Schirner selbst. Das Original besticht durch eine ganz besondere musikalische Mischung, die es in dieser Zusammenstellung so entweder lange nicht oder eher noch nie gegeben hat. And One-typischer Sound wird abgelöst von DJ Goldmanns Refrain-Gesang, der sich mit Orgelklängen, einem fetten Bass und Beat vereinigt und sofort zum ekstatischen Mitwippen, Mittanzen und (beim zweiten Mal) Mitsingen verleitet. Und dann startet, unterstützt von einer extrem wabernden Bassline, einer kurzer Hip Hop-Rap à la Eminem, der dem Song eine weitere markante Note verpasst. Das Zwischenstück als Übergang zum Refrain gestaltet sich ebenfalls sehr kurzweilig, auch wenn es nicht direkt tanzbar ist - durch den Sampler gezerrte Klangfetzen und Sprache, die den Song im Gesamteindruck sehr kurzweilig erscheinen lassen. "You Let Me Kill" und "No Fear Of Life" können diese eingängige, wilde dancefloor- und cluborientierte Electro-Energie nicht ganz aufrechterhalten, sind jedoch keineswegs als Füllmaterial zu betrachten. Vielmehr lassen sie durch ihre anderen Arrangements, z.T. mit stärkerem Industrial-Einfluss, Begeisterung auf ein bald folgendes, abwechslungsreiches Album aufkommen. The Scandals vermischen das Original mit einigen Electroclash-Einflüssen - ebenfalls sehr hörenswert. Und Reiner Schirners Bearbeitung hinterlässt Breakbeats, nur noch etwas gesampelten Gesang/Sprache und einen, wenn auch anderen, (Techno-)Electro-Charakter, der dem Titel eine ganz eigene Interpretation hinzufügt. Alles in allem ist diese Maxi-CD ein sehr interessantes und von der Entstehungsgeschichte her sehr eigenwilliges Erstlingswerk, das sich aber garantiert auf jedem Dancefloor einbrennen wird.