Die Augsburger Band „L’Image“ feierte vor einer knappen Dekade mit dem Song „Fly with me“ sowie einer Split-EP mit den Synthpop-Kollegen von L’Avantgarde bei Lorenz Mackes SPR-Label einen veritablen Einstand und zog damit neugierige Hörer an, die jedoch im Laufe der veröffentlichungsfreien Zeit die Hoffnung auf das Debütalbum aufgaben, zumal der Name „L’Image“ in den einschlägigen Zeitschriften und Online-Mags fortan nicht mehr auftauchte. Aus gutem Grund, wie sich nun herausstellte, denn Andreas und Alex überführten den Sound ihrer Ursprungsband in das neue Projekt „Loewenhertz“, unter dessen Namen jüngst das lang ersehnte Album „Irgendwo in Deutschland“ erschienen ist.

Nähern wir uns der CD einmal im ultimativen Live-Blogging... Track 1, „Der Weg“, ein nicht gerade selten genutzter Songname. „Zum Ende der Welt und denke daran, halte mich fest, wenn ich nicht mehr kann“. Hm, die Melodie kenne ich doch irgendwo her – irgendwo aus Deutschland (haha, Brüller). Naja, die Gitarrenbegleitung macht aus dem harmlosen Lied netten Radiopop. Als Opener und Vorabsingle ein bisschen dünn. Aber die Melodie...an welche Band erinnert mich die??? Egal, weiter geht es. Fly with me hat ja schon einige Jahre auf dem Buckel, aber die Loewenhertz-Version gefällt. Ein Blick ins Booklet enthüllt Produzent José Alvarez-Brill. Das kommt hin, ein sauberer Klang und verbesserter Gesang, so soll es sein. „Addicted to you“ bestätigt den Eindruck, es hier mit einem sehr vielschichtigen Album zu tun zu haben. Das wirkt natürlich alles ziemlich glatt, Ecken und Kanten suchen die Ohren vergebens, aber Refrains können die beiden erfahrenen Musikerkollegen. „Friends like me“ erinnert an aktuellen Synthpop von Zynic im Umfeld des Wollschläger-Imperiums. Eingängige Hookline, vorsichtiger Future-Pop als Verstärkung im Chorus. Oh, hat sich das One-Album-Wonder „Bernstein“ ins Lineup von Loewenhertz eingeschlichen? „Endlose Räume“ klingt wie ein Hybrid aus Bernsteins „Paradies“ und DE/Visions endlosen (T)räumen.

Angenehm, dass die Stimme stets in den Vordergrund produziert wurde und sich nicht hinter einem überladenen Soundteppich versteckt. Ein wenig Kitsch darf auf keinem guten Synthpop-Album fehlen. So auch hier, denn „Wunderland“ bespielt diese Facette nahezu auf den Punkt genau. Mir ist der Pathos zu dick aufgetragen, die Gitarre wurde direkt vom Lagerfeuer ins Studio transportiert und verleitet zum entspannten Mitschunkeln. Ah, jetzt wird es tanzbar. Im Dreierpack überzeugen „Gemeinsame Zeiten“, „Shades Of Grey“ und „Ancient Tears“. Wow, wer hätte gedacht, dass die zweite Hälfte der CD derartiges Steigerungspotenzial aufweist? Ok, Shades Of Grey hat einen recht simpel gestrickten Backing-Track, aber who cares, wenn der Refrain einfach gute Laune bereitet? Mit dem finalen „Heimkehr“ kehren die beiden Protagonisten von ihrer Deutschlandreise in vertraute Gefilde zurück und unterlegen diese Ankunft mit ruhigen Pianoklängen. Ein guter Kontrast zur vorherigen Beschleunigung und ein weiterer hörbarer Beweis für die saubere Gesangsleistung von Leadvocalist Alex. Als Bonus gibt es noch einige Remixe, die ohne Ausnahme eine Bereicherung darstellen, zumal sie die Chancen auf mögliche Clubeinsätze der Scheibe noch erhöhen.

Kehren wir wieder zum Ausgangspunkt zurück. Die Melodie von „Der Weg“... hm...AH, Ich habe es! Tokio Hotel! Durch den Monsun! „Ich muss durch den Monsun, Hinter die Welt, Ans Ende der zeit, Bis kein Regen mehr fällt ..“ Egal, Loewenhertz machen trotzdem gute Musik. Wer für den sonnigen Frühsommer ein gut gemachtes Synthpop-Album zum entspannten Durchhören auf dem Balkon sucht, der macht mit „Irgendwo in Deutschland“ nichts falsch. Und wer vor allem an „Der Weg“ Gefallen findet, darf gleich anschließend noch die Best-Of von Bill Kaulitz und Co. erwerben. Auf eigene Gefahr!