Medienkonverter: In wenigen Tagen erscheint mit "Schuldig" das neue Werk aus dem Hause der Letzten Instanz - Grund genug, um uns mit Holly D. (Holger Lieberenz) über das neue Werk, neu gewonnene Erkenntnisse und über die erfolgreiche China-Reise zu plaudern...

Hallo Holly (D.). Euer neues Album ist ziemlich heavy geworden. Warum und warum jetzt?

Holly D.: Weil es einfach Zeit dafür war. Wir haben zuletzt zum 10jährigen Bandjubiläum ein Akustik-Album raus gebracht und damit eine unglaublich schöne Kirchentour gespielt. Jetzt waren wir einfach wieder heiß auf Rock’n Roll. Wir wollten ein Album machen, dass uns live selber viel Spaß machen, Schnell, hart, laut – zumindest für unsere Verhältnisse. „Schuldig“ sollte vor Energie strotzen und ich finde, das ist uns gelungen.

War es mal wieder Zeit die Richtung neu zu bestimmen – nachdem sich das Line-Up gefestigt hatte, hätte man ja Gefahr laufen können, es sich bequem zu machen und den Stil der letzten beiden Alben problemlos fortführen können?

Eine neue Richtung ist das nicht, einfach ein neuer Schritt in unserer Laufbahn. Man fragt sich ja immer, kommt da noch was oder fängt man an sich nur noch selber zu zitieren. Wir hatten das Gefühl, musikalisch und inhaltlich noch lange nicht am Ende zu sein. Das neue Album ist eine klare Ansage, zeigt musikalische Visionen auf und füllt sie aus, ohne die Band zu verleugnen. Ich finde es gibt durchaus Parallelen zu den Alben „Kalter Glanz“ 2001 und „Ins Licht“ 2006 – übrigens unsere erfolgreichsten CDs ;-)

Wie glaubst du, werden die Fans diese Kursveränderung mitmachen?

Wie gesagt, ich sehe keine grundlegende Kursänderungen, da haben wir unseren Fans schon ganz anderes zugemutet. Wer die Instanz-Songs liebt, die wir in den letzten drei Jahren live gespielt haben, wird auch das neue Album lieben. Und ein paar Meckerköppe sind ja auch immer dabei. Kritik gehört nun mal dazu, sie muss man einstecken können, was manchmal gar nicht so einfach ist, schließlich machen wir hier etwas sehr persönliches, sehr intimes. Wir machen uns durch unsere Musik und unsere Texte angreifbar, aber das ist eben Letzte Instanz – wir stören gern beim Bügeln.

Wieso habt ihr euch für das Mädel auf dem Plattencover entschieden?

Weil wir schon genug Männer auf CD-Covern hatten. Der Unschuldsengel sollte eine Art Tara für die Szene werden, eine Mischung aus zornvoller Gottheit und Beschützerin. Ein inneres Leitbild, als Angebot, für die die es mögen. Dabei geht es nicht direkt darum wie sie aussieht, sonder eher um ihre Attitüde. Wem das zu viel ist, der kann sie auch einfach nur mögen. Es gab im Vorfeld bei unseren Fans schon rege Diskussionen um das Cover, drastische Ablehnung, aber auch Begeisterung. Für uns ein Zeichen, das wir alles richtig gemacht haben. Die Fans sollen ja nachdenken, Stellung beziehen, nicht einfach nur konsumieren. Wir sind eine Band die gern polarisiert.

Wer oder was ist SCHULDIG? Ihr, die Gesellschaft...?

Ich mag keine Schuldzuweisungen, deshalb würde ich mal eben als erstes mich selbst schuldig sprechen. Aber ich finde, in dem Begriff (und auch in den Texten des Albums) werden sich viele wieder finden. Es geht, egal ob privat oder gesellschaftlich sehr oft um Schuld. Dabei ist Schuld ja etwas rückwärts gewandtes, sie allein hilft keinem. Schuld auf sich zu nehmen ist auch eine Verpflichtung, zu lernen. Es besser zu machen. Der Mensch neigt dazu, sich selbst durch Schuldzuweisungen an andere von Schuld frei zu machen. Das funktioniert leider aber nicht. Ein Trugschluss, der tief in unserer christlich-abendländischen Kultur verankert ist. An dem Punkt mag ich den Buddhismus sehr.

Wer ist eigentlich für den höheren Härtegrad verantwortlich? Ein Einzelner oder die Band als Ganzes?

In Vorbereitung der Platte, die ganze Band. Wir wollten unbedingt ein Album, dass rockt und abgeht. Bevor wir überhaupt Songs geschrieben haben, haben wir uns geschworen, diesmal gibt es nur eine Ballade und 12 Mal einen Satz heiße Ohren. In der Produktion waren dann Oli und Herr Stolz zusammen mit unserem Produzenten Henning Verlage am Ruder und die sind die ganze Zeit hart am Wind gesegelt.

Wie kam es zu den Gastauftritten und warum habt ihr gerade diese Musiker eingeladen?

Jetzt muss ich erst mal gucken, wer dabei war ;-) o.k.: Leandra hatten wir als Pianistin auf der Akustiktour dabei, eine schöne und inspirierende Zusammenarbeit. Da lag es nah, sie für die Klavierlinie bei „Dein Licht“ zu nehmen. Zum Singen konnten wir diesmal Aylin Aslim gewinnen. Unser Sänger Holly Loose hat sie in seiner Wahlheimat Istanbul kennen gelernt und den Song mit ihr gemacht. Wir waren anfangs sehr skeptisch, ob ein teils in Türkisch gesungener Song bei uns funktioniert. Das Ergebnis hat uns dann auf Anhieb überzeugt. „Der Garten“ ist ein sehr mystischer und trotzdem eingängiger Popsong.

Wo und bei wem habt ihr das neue Werk produziert?

Produziert von Henning Verlage (u.a. Unheilig), aufgenommen wurde in verschiedenen Studios und gemischt in den Principal Studios Senden.

Gab es Änderungen in der Arbeitsweise?

Wir hatten erstmals seit „Ins Licht“ wieder einen externen Produzenten. Das nimmt der Band etwas Verantwortung und Arbeit von den Schultern, dafür hat man sein Baby nicht mehr 100-prozentig in der Hand. Hennig Verlage hat das super hinbekommen und wir sind in der Beziehung wahrlich keine pflegeleichte Band. Ihr glaubt nicht, über war wir uns alles streiten können, aber am Ende zählt das Ergebnis und für ein richtig gutes Produkt muss eben auch Herzblut vergossen werden.

Bei jedem neuen Album lernt man ja etwas dazu – was hast du für dich persönlich bei der Produktion des Albums hinzugewonnen?

Ich bin mal ehrlich: Ich habe gelernt, dass ich mich auch mal bissel zurück nehmen kann, anderen vertrauen kann. Wer unsere Bandstruktur kennt, weiß, dass viele Jahre lang zahlreiche Fänden, vor allem im Managementbereich bei mir zusammen liefen. Nun habe ich mich mal etwas raus genommen und das Ruder anderen überlassen und es läuft. Aber Du meinst sicher eher das musikalische: Ich habe gelernt, dass man auch nach fast zwölf Jahren noch mit viel Spaß frische Musik machen kann.

Ihr wohnt ja alle recht weit auseinander – wie klappt das mit der Vorbereitung auf solch ein Album?

Sehr gut, es Bedarf viel Disziplin und einer vernünftigen Online-Kommunikation. Bei uns läuft fast alles über Netz. Allerdings gab es diesmal auch eine komplette Vorbereitungswoche mit Produzent. Dazu haben wir uns in Hannover eingeschlossen und den Songs den Feinschliff gegeben. Das Selbe passiert vor der Tour, 4 Probetage am Stück und dann muss das Set stehen. Das weiß bei uns jeder, geübt wird zu Hause, zur Probe wird dann gerockt.

Die neuen Songs werden sich sicherlich live sehr gut machen – werdet ihr eventuell einige der älteren Songs härtetechnisch etwas anpassen?

Oh, gute Frage. So was ergibt sich. Wir haben schon vor ein paar alte Songs etwas zu verändern, aber wie gesagt, das ist ein dynamischer Prozess. Da sollte man sich einfach überraschen lassen.

Ich finde, dass der Gesang von Holly Loose auf Dauer etwas monoton ist – ich denke, er hat eigentlich eine viel abwechslungsreichere Stimme – täusch ich mich oder wenn nicht, war dies Absicht?

Finde ich gerade auf „Schuldig“ gar nicht. Da ist das volle Spektrum drauf, ich finde auch, dass seine Stimme diesmal extrem authentisch rüber kommt.

Was heut euch dazu bewogen die Single „Flucht ins Glück“ herauszubringen? Warum gerade dieser Song?

Gute Frage, das läuft halt als DJ Single in den Klubs (übrigens sehr erfolgreich). Ausgewählt haben wir das mit der Plattenfirma zusammen. Das war halt der Song, der uns am ehesten geeignet erschien. Eine Single sollte ja schon eher massenkompatibel sein.

Wird es die Single auch im Handel geben? Bisher waren die Singles meines Wissens nach, lediglich Promo-Singles...

Wir haben die vorab in unserem Online-Shop für 4 Euro verkauft. Mit der Veröffentlichung von „Schuldig“ wird die Single verschwinden, da sie in der Tat eigentlich nur eine Promo- Single ist. Ich finde Singles eigentlich auch nicht so spannend, das Verhältnis CD-Rohling und Verpackung zu Inhalt ist umweltpolitisch nicht wirklich vertretbar.

Ist geplant, ein Video zu drehen?

Es war geplant, wir haben es schlichtweg nicht geschafft. Es gibt aber eine Reihe lustiger und lehrreicher Clips, die unser Drummer Specki T.D. gemacht hat, die sind auf unserer Homepage und bei Youtube und Myspace zu bestaunen, es lohnt sich. Mein Anspieltipp: Letzte Instanz in China!

Man hat das Gefühl, dass ihr ständig unterwegs seid, Platten aufnehmt oder...irgendwie seid ihr ständig präsent und auf Achse...was machst du eigentlich, wenn du mal kein Teil der Letzten Instanz bist?

Als Journalist arbeiten, an Felsen rumklettern oder in der weiten Welt rum Reisen. Ich war zum Bespiel im Januar in Argentinien und habe den Aconcagua bestiegen.

Wie war die Auftrittsreise nach China – was hast du an Erinnerungen und an Wissen mit nach Hause gebracht?

Die Reise war grandios, eines der schönsten Erlebnisse mit Letzte Instanz. Wir hatten das Glück vor tausenden begeisterten Chinesen zu spielen und da kannten die uns noch nicht mal. Wir haben das Publikum da sofort ins Herz geschlossen und die chinesischen Musikfans uns auch. Die sind unglaublich abgegangen. Was ich jetzt weiß? Die jungen Chinesen sind freundlich, offenherzig und begeisterungsfähig und sie versuchen sich in ihrer Gesellschaft zu arrangieren und das Beste draus zu machen.

Sind Erlebnisse dieser Reise in die neue Platte geflossen?

Das Album war da ja schon eingespielt, nur gemischt wurde es danach. Aber wir haben alle Presse- und Promofotos zum neuen Album in China gemacht. Außerdem finde ich, das man die Lebenslust und Freude, die uns dort entgegen schlug, auf dem Album zu hören ist, obwohl es vorher eingespielt wurden. Eigentlich toll, oder?

Vielen Dank für Deine Zeit und alles Gute für die Zukunft!