Dem französischen Neoklassik-Ensemble Les Fragments de la Nuit gelang 2008 mit seinem Debüt „Musique du Crépuscule“ ein sehr überzeugend und professionell orchestriertes Werk, filmmusikalisch inspiriert und konsequent umgesetzt, auch live – unter anderem beim Wave Gotik Treffen in Leipzig. Jetzt präsentieren die Künstler um Ombeline Chardes und Michel Villar den Nachfolger, „Demain, c’était hier“ – Morgen war gestern. Ein wunderbarer Titel, der viel Raum für Fantasie und Träumereien lässt, zu denen auch das erneut faszinierend gestaltete Artwork einlädt. Das Album gleicht einem Kaleidoskop unterschiedlichster Stimmungen, verschiedenster Farben, seine Kompositionen zeichnen das imaginäre Bild eines verwunschenen Märchenwaldes, eines Märchenreiches voller Zauber und Magie und mit Blick in den unendlichen Sternenhimmel. Filigrane und doch kraftvolle Violinen sowie ein Klavier bilden die zentrale Instrumentierung, „umspielt“ von einem Cello, feinfühliger Percussion sowie dezent eingesetzt einem französischen Horn sowie sirenenhaften weiblichen Stimmen bzw. Chören. Auf „Demain, c’était hier“ erwachen die klassischen Instrumente zu neuem Leben, sind meist Rhythmus- und Melodiegeber in einem, spielen mit Tempi(wechseln), den unterschiedlichsten Gefühlen von tiefer Ruhe und Melancholie bis hin zu nervöser Flatterhaftigkeit, ja gar ungestümer Rohheit. Harmonien umgarnen Dissonanzen und umgekehrt. Mal flatterhaft-aufgeschreckt, mal weich fließend oder gar vergnügt macht die Instrumentierung ein sagenhaftes, faszinierendes Spektakel klassischer Musikkunst erlebbar, welche intuitiv, impulsiv und gleichzeitig strukturiert und einem Konzept folgend wirkt. Les Fragments de la Nuit experimentieren mit ihren Instrumenten, sie spielen sie nicht nur. Wer braucht schon eine Gitarre oder ein Schlagzeug, wenn er drei (!) Violinen und ein Klavier hat? „Demain, c’était hier“ ist eine Herausforderung für den Hörer, verlangt Aufmerksamkeit und Konzentration, den Blick auf das Wesentliche wie auf das Ganze – und vor allem die Bereitschaft, klassischer Musik einen weiter gefassten Ausdruck zu geben als vielleicht bisher üblich. Denn erst dann heißt es: Vorhang auf für die eigen- und einzigartige Fantasiewelt von Les Fragments de la Nuit.