Les Discrets haben in den fünf Jahren seit ihrem letzten Album 'Ariettes Oubliées' bereits durch zwei Vorab-EPs ('Virée Nocturne' und 'Rue Octavio Mey') und das fantastische Live-Album 'Live at Roadburne' deutlich gemacht, dass ihr Weg sie immer weiter weg vom ursprünglichen Sound führt hin zu dem, was sie bereits in Optik, Kunst, Texten und Interaktion mit ihren Fans deutlich lebten: Fursy Teyssiers sanftes, dem Publikum immer sehr zugewandtes Auftreten und eine 'Echtheit' findet sich nun auf dem dritten Album 'Prédateurs' deutlich wieder. Frei von den "Einflüssen und Einschränkungen des Post Rocks, Post Black Metals oder Post-was-auch-immer-sonst" beschreibt er seine Arbeit, neu zu vernehmende Einflüsse aus den Bereichen "Electronica, Trip Hop und Filmsoundtracks der 1970er" sollten ihren Eingang in den Sound finden. Allen Songs gemein ist ein warmer Klang, elektronische Fundamente und ein entspannter Drumsound. 'Prédateurs' entschleunigt den gewillten Hörer und entführt ihn "in ein Zugabteil [...], wo er die Landschaft durchs Fenster vorbeiziehen sieht". Jedoch liegt keine seelische Leichtigkeit im oberflächlich leichten Sound - es ist mehr die Stimmung, in der man sich nach einem langen Tag und einer erlebnisreichen Nacht befindet, während urbane Szenen im Morgengrauen Trostlosigkeit und Menschenleere vermitteln und man selbst sich schweigend seinen eigenen Gedanken hingibt. 'Prédateurs' lebt vom Kopfkino des Hörers, ein reines Konsumieren läßt schnell eine belanglose Gleichförmigkeit der Titel attestieren. Denn tatsächlich fordert Fursy dem Hörer viel Entgegenkommen ab und gestaltet die Stücke fast schon zu homogen. Die Rechnung kann aufgehen, doch müssen Fans älterer Werke sich auf starke Veränderungen gefasst machen und alle schwarzmetallischen Fans unzählige Hühneraugen zudrücken um sich auf 'Prédateurs' noch wohlzufühlen. Deutlich mehr sogar als bei Alcests 'Shelter' - wurden Alcest bisher immer als Vergleichsmodell, bzw. Vorbild für das Schaffen Les Discrets genannt und boten auf 'Shelter' einen von metallischen Elementen bereinigten Sound, so blieben Neige und Konsorten sich doch ihn Stimmung und Melodie treu. Fursy aber befährt mit Les Discrets nun völlig neue Routen, Portishead kommen nicht nur durch einen Sample in "Virée Nocture" in den Sinn, Radiohead mancherorts, mal auch Noir Desire aber vor allem Les Discrets selbst in neuem Gewand. Und wo ich 'Virée Nocture' schon erwähnt habe - dieser Song, der bereits auf der gleichnamigen EP veröffentlicht wurde ist in meinen Ohren auf auf dem Album der stärkste Song, anspielen sollte man aber gerne auch "Les amis de minuit", "Le reproche" und "Les jours d'or". Oder man wird hin und her gerissen von "Vanishing beauties": Der druckvolle Anfang erinnert an das letzte Release der Editors, es folgt aber ein butterweiches Stück Melancholie. Traumhaft. Ob bei Konzerten oder auf dem vorliegenden Album, ich freue mich auf ein Wiederhören mit Fursy und bin gespannt, wie das Album bei einer hoffentlich nennenswerten Käuferschar ankommt. Den Mut, eine solche gravierende Veränderung zu wagen kann man nur respektvoll loben. Und ich bin mir sicher, dass Les Discrets noch nicht entgültig angekommen sind und auch die kommenden Erscheinungen überraschen werden.