Die Liebe – ist sie dein Gift, deine Sucht, dein Seelenfrieden? Schau in den Spiegel und beantworte dir die Frage. Ein weiteres Schätzchen schlummerte in meinem Ordner und wollte gehört werden. Und Lawrows „Stranger Sign“, dunkler Synthwave aus NRW, hält schon mehr von dem bereit, was mich bewegt. Den Auftakt macht das Lied „He Knows“ und es wirkt, düster wavig lauernd und gefahrvoll wabernd wie ein Fingerzeig pulsierender Sequenzen. Die monotonen Schläge dringen mit jedem Ton tiefer in dich ein. Das dunkle Wabern setzt sich in „Pleasure“ fort. Der stetig markante Takt der Schläge wirkt narkotisierend, der Synth verwaschen, gedämpft – ehe er tanzt. Wie sieht es aus mit deinem inneren Frieden? Deinem Weg? Frieden scheint eine harte Sache zu sein. „I look into your eyes. The truth is behind your eyes.“ Die Elektronik trippelt, die Drumbeats dirigieren. Der Synth fordert frech heraus, während die E-Gitarre kurzweilig führend groovt. Dein Frieden ist wahrlich nicht da – das beweist der letzte Atemzug, unruhig – der den Track ausklingen lässt. Und immer wieder hörst du das Flüstern, das Flüstern in dir. Verfluchte Qual! Es folgt „Whisper“ – neckischer Synth. Doch die surrende Frequenz stört die Harmonie, wie dich deine Gedanken. Melodisch schräg geht es auf Schlägen voran. Leicht verwaschen und verdoppelt führt dich die Stimme in dein Innenleben. Und das tut sie jede Nacht, nicht wahr? Rasselnd und flott legt sich der Sound darunter. „It changed it all…“ Elektronisch flirrend, groovig, melodisch schräg geht es weiter. Und du weißt es doch längst: „Yeah, I think I´m in love…“ Du hast das Flüstern gehört und hieltest doch den Namen verborgen. „I know you now, I`m sure I do.“ Monoton hüllt dich die Stimme in deine Lethargie. Und es sind nicht nur die Stimmen in dir. Es sind deine Träume. „Dream“ folgt. Einzelne hohe Töne locken dich. Doch schnell küsst dich die bestimmende Drumelektronik. Bearbeitet und irgendwie wie von irgendwo neben dir, fängt dich die Stimme wieder ein. „I don´t need you!“ Doch deine Träume wissen es besser. Ist es nicht so? „It´s a sign to make it clear, to say it loud.“ Zwischenrufe verleihen dem Titel Dramatik. I like! Und immer wieder: „I don´t need you!“ Die Beats fordern, treten dein Schweigen - bestimmendes Grooven auf deine Kosten. Und mit jedem Schlag, markant und provozierend, weißt du: die Träume kehren wieder – jede Nacht. „You don´t need me!“ Man kann es sich auch schönreden. Ekstatisch verwaschene Zwischenrufe verhöhnen dieses Schönreden. Provokant schreitend und mit ebenso markanten Schlägen folgt „Gaze“ und gibt auch zartem Wave Raum. „I know!“ Und wenn du in dieses Gesicht schaust, du weißt es doch! „Get close, stay here!“ Und einfach nur atmen! „Your eyes are killing me!“ Der Synth kitzelt verspielt und doch bleiben die Drums bestimmend. Ich weiß, was in dir vorgeht – was du niemandem erzählst. „… don´t tell anyone…“ Der Song lässt schon die Leidenschaft leben. „Guilty“ ist dein Song. Oder? Unser Synth kann spielen, hoch und schnell. Doch quakend beißt ihn die Sequenz, wie dich selbst. Forsch und zügig wandelt sich der Sound, das Schlagtempo nimmt zu. Ist Aufgeben deine Option? Während die Electrodrums forsch treiben, gleitet darunter friedlich wavig und melodisch dein persönliches „Ausblenden“. „… know I feel so guilty…“ Zum Teil wirkt die Stimme verstärkt, zieht dich in die Ferne. „… always wanted you to see…“ Schuld ist Ansichtssache. „Just Say A Word“ steigert die Schuld in dir. Knackige Schläge treffen dich, während einzelne Synthtöne hoch schreiten. Trippelnd und doch zart setzt die Elektronik ihr Spiel fort, wächst provozierend an. Stark verwaschen haben die Worte doch ihre Wirkung nicht verfehlt. Es sind stetige Wiederholungen, dich sich in dich prügeln, nur sie, nicht mehr, nicht weniger – mit Zielkraft: „Just say a word!“ Der Synth zieht schnell voran, während der Grund verhalten bleibt. Wirr und schräg wirkt der Track eindringlich auf dich. „Venus“ – ja, das ist sie – Stürme, Licht, Gift – die Vergangenheit und die Zukunft. Der Track bringt eine Kraft, der du nicht gewachsen bist. Oder? Betörend düster und wirr steigt der Titel ein. Der Sound lauert, will dein Herz ganz öffnen, ehe du deine Mauer höher errichtest. Aber sie ist die Venus! Sie hat alle Macht. Verhalten wabert die Sequenz, der Synth schreitet stetig, wiederholt. „Venus“ macht dich „wirr“. Es ist Zeit, dich weiter aufzuwühlen und das mit „Stranger Sign“. Wir schreiten hoch und schräg. Die E-Gitarre groovt auf stolzen Schlägen. „… another time, another life…“ Und während Synth und Bass dein Inneres aufbrechen wollen, baust du deine Mauer ein Stück höher. „… another start… you try…“ Frech hüllt dich die Elektronik ein. „There Is Only You“ gönnt dir flirrend lauernd eine kurze Atempause, doch sofort holen dich pochende Schläge zurück in den flotten Elektronik-Reigen. Die Frage nach der Bestimmung, hast du sie dir oft gestellt? „… I am here…“ Reitende Beats sind die Grundlage für die ekstatische Stimme, sie steigern sich, erzeugen Dramatik. So mag ich das. Ich habe dein Gesicht gesehen! Und es traf und es saß. Stetig wiederholte Aussagen und die frech treibende Elektronik, auf der der Synth keck flirrt – ja, das hat was. Und letztendlich ist da ein klares: „There is only you!“ Aber nachdem du all dein Inneres euphorisch auf rosa Wolken aufgewirbelt hast – was bleibt? Wavig bedächtig landest du in „Violent Thoughts“. Zügig greift das Elektronische wieder nach dir. Bestimmende Drumbeats wollen das lebhafte Synthspiel zum Erliegen bringen, denn deine Gedanken lassen deine Euphorie wieder brachliegen. „… things we never did… a word you never said…“ Dieser Song ist hoffnungslose Hingabe auf süßer Elektronik, süß – weil sie dich ergreift und genau trifft. „And all that is left… violent thoughts…“ Und in deinem Herz bleibt das „nichts Halbes und nichts Ganzes-Gefühl“ – auf ewig. Der Schlusstrack fordert dich noch einmal dazu auf, dich allem hinzugeben – ohne Hoffnung, ja – aber mit Intensität. Wabernd provozierend, wavig untersetzt, erinnernd schreitend, anklagend und doch etwas verzweifelt, schließt „Funeral“ den Kreis – für diesen Moment. Bleibt alles, wie es ist – Gedanken, Träume – jede Nacht? Gib dich einen Augenblick lang dem hin und verliere dich im Synth-Wave-Gemisch, bis die Elektronik pulsierend und klopfend auf dunklem Grund wieder die Hand über dich erhebt. Lawrows Album hat mich gepackt, wenn auch nicht dauerhaft gefesselt. Ich habe für mich leidenschaftliche Dramatik entdeckt, eingehüllt in doch schon etwas mehr Vielseitigkeit. Meine Punktwertung ist mein persönlicher Geschmack und sicher keine Wertung des Könnens, denn das liegt sicher vor. Ich bin gespannt, ob wer da draußen hierin seinen neuen Weg entdeckt. Es hat was. „The truth is behind your eyes.“ 19.11.2020 Self-Release [https://www.lawrow.bandcamp.com 01. He Knows 02. Pleasure 03. Whisper 04. Dream 05. Gaze 06. Guilty 07. Just Say A Word 08. Venus 09. Stranger Sign 10. There Is Only You 11. Violent Thoughts 12. Funeral