Der Erstkontakt mit "Scandal", dem aktuellen Longplayer des finnischen Trios LAPKO, kann schnell in Irritationen enden. Nicht, daß die Fähigkeiten finnischer Musiker in gitarrenlastigen Genres von Hardrock an derbwärts nicht spätestens seit den letzten Alben der kongenialen Sentenced hinlänglich bekannt wären. Nein, aber irgendwie vergehen Momente des Erkenntnisgewinns, bis im interessierten Hörer die Einsicht keimt, daß die mit Bandlogo bekleidete Dame auf dem Cover-Foto eben nicht die Sängerin der Band ist, sondern Frontmann / Gitarrist Malja dafür zuständig ist, die Lyrics zu den LAPKO-Songs ins Mikro zu schreien... Dieser Umstand erfordert ob der doch ausgesprochen hohen Vocals einige Eingewöhnung, obwohl LAPKO hier eigentlich gar nicht unbedingt eine Ausnahme sind, sich Vergleiche mit anderen Künstlern damit auch schon fast zwingend aufdrängen. In der Tat, wer LAPKO als rauhere, nahezu elektronik-freie Variante der seit Jahren enorm erfolgreich aktiven Brit-Rocker Placebo beschreibt, kommt der Wahrheit doch relativ nahe. Im direkten Vergleich schneiden die Finnen dabei vielleicht sogar ein Stück besser ab, weil die Musik auf "Scandal" authentischer, druckvoller, erdiger aus den Boxen drückt, sich das Trio Malja, Nordberg und Heikkonen zudem trefflich darauf versteht, die ganze Spieldauer des Albums mit clever strukturierten, intensiven Songs zu füllen, die sich wohltuend von dem abheben, was man gemeinhin gern als Indie-Rock bezeichnet. Tracks wie "The Arms", "Fire Horses", "Scandal" oder "Panda Eyes" wirken originell außerhalb der gängigen Songstrukturen zwischen Strophe, Chorus und Solo, leben von der kraftvollen Produktion und der Tatsache, daß Gitarre, Bass, Drums und Gesang nahezu gleichberechtigt nebeneinander wirken zu scheinen, und ergeben in der Gesamtheit ein angenehm hörbares, äußerst kurzweiliges Album, das auch nach dem dritten, vierten, zehnten Durchlauf noch ohne nennenswerte Ermüdungserscheinungen anhörbar ist. Und da man auf Sound-Effekte und sonstige akustische Spielereien dankenswerterweise völlig verzichtet hat, kann man sich schon nach dem einmaligen Anhören von "Scandal" recht gut vorstellen, wie es bei den Finnen live wohl zugehen dürfte. Kurz und gut, resümierend: Wer sich für zeitlose, kantige Gitarrenmusik jenseits solcher Schubladen wie "Indie" oder "Hardrock" begeistern kann, wem die Vorstellung einer härteren Version von Placebo (oder, alternativ, einer finnischen, geradlinigeren, weniger technischen Version von Rush zu "Vapor Trails" - Zeiten) ein Lächeln ins Gesicht zaubert, der kann nahezu bedenkenlos zugreifen. Alle anderen dürfen den Händler des Vertrauens um Probehören ersuchen, geeignete Kandidaten hierfür (wie schon angedeutet): "Panda Eyes", "The Arms", "Scandal" oder auch der Rausschmeißer "End Of The Month", das wohl dunkelste Stück auf einem für finnische Verhältnisse fast schon entspannten Album. Ansonsten ist diese Scheibe ein Gewinner. Punkt.