Er hat klassische Gitarre studiert, genauso wie Mathematik. Eigentlich die perfekte Kombination für klassische Musik. Aber Dmytro Fedorenko hat es zum Noise getrieben. Erst im Duo Zet, später allein als Kotra. Neben zahlreichen Veröffentlichungen und Kollaborationen betreibt der Mann aus der Ukraine ferner das Kvitnu-Label und kümmert sich auch noch um zwei Festivals für experimentelle Musik, das Kvitnu Fest und das Detali Zvuku Festival. Mathematik und Noise passen eigentlich gut zusammen, lässt sich doch Musik im Allgemeinen und Noise im Speziellen mathematisch interpretieren, ja, sogar erzeugen. Wenn Algorithmen Musik entstehen lassen, fehlt ein entscheidendes Element, nämlich Leben. Kotra steuert es über die experimentelle Entstehungsweise seiner Songs bei. Was wirklich geplant war oder rein zufällig entstanden ist, lässt sich im Nachhinein freilich nicht mehr feststellen. Kotras Musik hat auf seinem neuen Album "Reset" trotz des experimentellen Charakters etwas Steriles, Maschinelles. Die Gitarren- und Klaviertöne in "Rational Attack" täuschen noch etwas darüber hinweg. Schon das folgende "Absent Response" fällt durch leiernde und extrem hohe Töne auf. Den oberen Frequenzbereich lotet Kotra in manchen Songs derart ausufernd aus, dass es schon fast weh tut. "Absent Response" zählt ohne Zweifel dazu. Die im aufwändig gestalteten Digipack steckende CD lässt sich sehr leicht in zwei Schubladen stecken: Experimentell und Kunst. Scheinbare Strukturen werden mit extremen Geräuschen bombardiert, Ansätze von Melodie durch schneidend hohe Töne zerrissen. Rhythmus ist fast immer vorhanden, was die Rezeption der Songs deutlich erleichtert. Mit einigen Stücken schafft es Kotra, die Aufmerksamkeit des Hörers auf einen Punkt zu bündeln, ihn festzunageln. Andere wirken durch sich wiederholende Konzepte ermüdend. "Reset" muss eben als Experiment angesehen werden, das für einen sehr speziellen Hörerkreis bestimmt ist.