Eine strahlend drückende Sonne beleuchtet das flirrende nachmittägliche Szenario am Wiener Heldenplatz, unzugänglich für einen kühlen Hauch. In der Kunsthalle gegenüber sind die Ausdrucksformen von Punk & Wave inzwischen museal geworden... So haben eine Hand voll Redakteure des Medienkonverters diesen geschichtsträchtigen Ort noch im Spätsommer des letzten Jahres erlebt & genauso klingt nun auch die Neuauflage in der "Mission Walhalla IX". 

Pro Dekade verändert der Kultklassiker "Heldenplatz" grundlegend seinen Charakter. 1987 spielte er mit dem unterkühltem Charme von Simona Buja reihenweise andere Electro-Wave-Acts an die Wand, lies Underground & synthetischen Pop verschmelzen. 1992/'98 wurde mit Emilia Lo Jacono daraus eine düstere klagende Elegie. Heute perlt es mit Elena Alice Fossi's direkter Sinnlichkeit recht club-kompatibel aus den Boxen, ist wieder näher am 80er Original, angereichert mit Synthieflächen wie sie seit dem Invisible Front.2005 Album für die Band typisch sind & ist ja schon unter dem Namen Coroner´s Pax Vision auf ihren Live-Auftritten am Publikum erprobt. Damit es nicht wieder ideologische Verwirrungen gibt, weil viele mit dem Heldenplatz immer noch in erster Linie die demonstrative Expansionspolitik des GröFaZ verbinden, durfte nun Sarah Crespini eine einminütige Violinen-Kadenz von Fritz Kreisler als Intro einspielen. Dieser jüdische Wiener Komponist steht lediglich unter dem Verdacht das moderne Vibrato ins Geigenspiel eingebracht zu haben. Der "Radio Edit" verzichtet auf diese Einleitung & endet etwas abrupt. Beide Versionen gibts nur auf dieser CD, auf dem Vinyl gibts Mission Walhalla VIII mit einem anderem Violinen-Intro.Welche Version vom Heldenplatz nun die einzig wahre ist, bleibt individuelle Geschmackssache. Simona klang bildhaft rational wie Pininfarina & Alessi. Emilia hatte etwas erhabenes wie Bodoni-Letter & Correggio-Fresken. Elena erzeugt, mit ihrem Milva-esken Timbre, Sehnsucht auf rubinroten Sangiovese & dampfende Pasta all´Arrabbiata. 

Per amore e per forza... "Shadow Mission HELD V" sollte lediglich eine aktuelle Sichtweise auf den Heldenplatz beinhalten, aber in der Vorbereitung des nächsten Longplayers “Odyssey Europa” kamen neue Ideen & Mixe, mehr als jenes kommende Best of Kirlian Camera-Release tragen könnte. Dadurch wurde nun diese Zwischen-Mission zu einem limitierten Sammelsurium mit ausufernder Stilistik... Weiter geht's mit "E.D.O.". Emilia verarbeitet die Vermutungen über terrestrisches Leben auf dem Jupiter-Satellit Europa mit stampfenden Vocal Trance & House Referenzierungen, irritiert mit Rhythmusverschiebungen wie frisch aus der Apfel-Kiste. Wenn es auf diesem Galilei'schen Mond tatsächlich Leben gibt, dann hören seine Bewohner sicher Radio-Sunshine-Live & diese Sampler mit dem Delfin drauf. Die "Mixtrumental" Version zitiert anschließend wortlos dessen Charts... & ich ertappe mich bei der Frage, was in Frauen vorgeht wenn sie zum Out-Of-Line-Label wechseln. Irgendwie klingt es danach immer etwas catchy & massenkompatibel. "Edges" hingegen erinnert in seinem 09er-Intro an den Namen mit dem Angelo Bergamini seine Band 1979 gegründet hatte - Suicide Commando. Kein Echo im Wind mehr für den Wave aus 1984, die neue Version wird sich lediglich durch Elena's Stimme aus dem Hellectro-Pulk auf dem Dancefloor unterscheiden... Doch wer glaubt, Bergamini betreibt jetzt Bildersturm in eigener Sache - der irrt! Die Premiere "Odyssey Europa" führt weiter auf dem Weg welcher mit K-Pax beschritten wurde, ist eine ebenso sirenengleiche Hymne. Eingängig, mit entrückten Ambientpassagen & voller wachträumender Melancholie... auf dem allerbesten Wege ein nachhaltiges KC-Superlativ zu werden. 

"Julia Dream" enstaubt ungeahnte B-Seiten von Pink Floyd. Mit zurückhaltend pointiertem Schlagzeug, sanften akustischen Gitarrenklängen von Andrea Savelli & tiefer warmer Wehmut in der Stimme wird aus einem alten Wiegenlied quasi so etwas wie eine Reinkarnation der Arbeiten von Nico & John Cale. Ein vor allem atmosphärisch brillanter Schachzug. Spätestens jetzt ist jeder, der KC nach den Stilistikänderungen des Absentee-Albums den Rücken kehrte, wieder versöhnt. Neuzugang Falk Pitschk (PLASTIC AUTUMN) holt Angelo Bergamini zu "Enemy Closing In" nach vorn ans Mikro & verhilft KC wieder zu einem wohlabgestimmten Minimal-Electro-Wave Klima. Eine Rückbesinnung ohne nostalgischen Beigeschmack. Beide Teile von "Alien Chill Calling" sind erneut der experimentellen Seite von Bergamini verpflichtet, welche durch ihre abgespacten Soundscapes, die beklemmenten Industrial- & Illbient-Elemente begeistern. Nonverbale Science-Fiction-Storys... Das angekündigte Streicher-Quintett "In the endless rain" entgeht leider dem CD-Hörer & der Vinyl-Kunde erspart sich den unnötigen "K-Pax" Remix von Fotonovela. Jenes griechische Elektronik-Projekt nutzt wohl schon exzesiv Microsofts wunderbare Autopopmaschine Songsmith, zerbröselt damit hemmungslos die übernatürliche Sphäre & führt den Track zielsicher auf ein melodisches Schafott namens Discofox. 

Dieses limitierte Minialbum ist wie eine Zwischenmahlzeit, wie die bunte Antipasti-Platte für Astronauten & Fans. Mit mutigen Ansätzen, mit genialen neuen eklektizistischen Zutaten & etwas fader Standard-Garnitur... in einem nicht ganz homogen gestalteten Digi-Pak ohne begleitende Texte. Dafür aber mit Fotos von Daniel Meissner, dessen Porträtstil & erdige Tonung wohl gerade Trend werden.