Mit ihrem zweiten Album "IAMAI" machen es Killing Ophelia einem nicht gerade einfach. Drei Jahre nach dem Erscheinen ihres Debüts "Last Vision" melden sich die beiden Briten Lee Lauer und Karen King mit einem äußerst inhomogenen, verstörend und sehr düster anmutenden Tonträger zurück. Auf den ersten Blick lässt der Album-Titel keine näheren Schlüsse auf den Inhalt zu, genaueres Hinsehen offenbart jedoch die gewollte Wortspielerei von "IAMAI": Die beiden von Karen im gleichnamigen Song gesprochenen Worte "I am" ergeben - rückwärts gespielt - das neue Wort "IamaI". Das soeben ausgesprochene "I am" wird also quasi durch die direkt nachgestellte Frage "Am I" relativiert und somit bedeutungslos. Dieses "Ich" mit all seinen Ängsten und Schwächen ist das thematische Grundthema, der rote Faden, der sich durch die finsteren, bedrückenden Kompositionen von Killing Ophelia zieht. Dunkle, getragene Synth-Flächen, zurückhaltend eingesetzte, subtil pulsierende Beats, der von Lee Lauer hypnotisch-monoton gezupfte Bass und Karen Kings magisch-beschwörende, zumeist wehklagende, schwermütig-eindringliche Stimme wirken wie ein Strudel, der einen unaufhaltsam in die Schwärze und Unergründlichkeit des eigenen in sich gefangenen Mensch-Seins hinabziehen. Sämtlichen Songs haftet eine abgrundtiefe, nicht abzustoßende Traurigkeit und Verzweiflung an, ein Lichtblick oder Hoffnungsschimmer tut sich an keiner Stelle des Albums auf. Sphärisch-entrückt, zuweilen auch be- oder gar erdrückend wirken die Songs allesamt. Die beängstigende, leicht monotone Ruhe, die sich durch das gesamte Album zieht, wird nur an ganz wenigen, kurzen Stellen unterbrochen. Überraschende Wendungen oder emotionale Ausbrüche sucht man in den elf Songs leider vergeblich. Auf die Dauer läuft das Album damit Gefahr, eintönig zu werden. Daran kann auch der bei einigen Tracks von Lee Lauer eingebrachte, zurückhaltende Gesang nichts ändern. Zweifellos haftet Karen Kings Stimme eine beeindruckende Intensität an, allerdings erfährt diese auf dem gesamten Album keinerlei Abwechslung, was den Songs leider auch einen Charakter der Austauschbarkeit verleiht. Von Angst und Selbstzweifeln geprägte Emotionen, wie sie "IAMAI" transportieren soll, könnten durchaus abwechslungsreicher intoniert werden - dies ist jedoch kaum der Fall. Auch wenn nicht jedem Album zwanghaft eine tanzbarer Komponente auferlegt werden muss, fügen sich die Songs durchgängig ein und demselben strengen, etwas zähen Schema und scheinen in ein unsichtbares Korsett gezwängt zu sein. Als Sinnbild für die Zwanghaftigkeit des eigenen Ichs ist dieses Korsett jedoch fast ideal - und womöglich auch gewollt. Ein ermüdungsfreies Durchhören des Albums wird damit allerdings sehr erschwert. Umso neugieriger machen daher die drei zusätzlich enthaltenen Videos zu den Songs "IAMAI", "For no one but me" und "Cut". Mit etwas nervöser, oft zu schneller Hand bzw. Einstellung gedreht wirken die Filme zwar ein wenig unbeholfen, aber dadurch auch spannend, unberechenbar und sehr emotional. So zeigen die Songs erst mit diesen zum Teil großartigen, stimmigen Bildern ihr wahres, Angst machendes Gesicht - Spielraum für eigene Interpretationen ist reichlich gegeben. So interessant und schier unerschöpflich das Thema "Angst" und "Ich" auch sind, ein wenig mehr Abwechslung hätte "IAMAI" gut getan. An Experimentierfreudigkeit, Eigenständigkeit und Mut, Gänsehaut erzeugende Stücke abseits klassischer, elektronisch geprägter Song-Pfade zu schreiben, mangelt es Killing Ophelia wahrlich nicht. Auch ist es der Band hoch anzurechnen, dass sie in ohnehin schon schweren, musikalischen Zeiten mit "IAMAI" ein außerordentlich wenig "gefälliges", schwer konsumierbares Werk abseits des Indie- Mainstreams veröffentlicht. Bleibt ihnen zu wünschen, dass sich viele Interessierte auf dieses ungewöhnliche, einiges an Durchhaltevermögen erfordernde Werk einlassen.