Janners erstes Soloalbum heißt nicht ohne Grund „Vor dem Hörsturz“ - der Titel ist eine ebenso persönliche Einlassung, wie es jeder der darauf zu findenden Songs ist. Sie sind Lebensbegleiter, weil sie aus bald jeder Phase seines mittlerweile zwei Jahrzehnte umfassenden Schaffens stammen, wie sie auch Lebensretter sind – auch wenn das etwas dramatisch klingt. Insbesondere wenn man sich die neue Single „Das wars“ anschaut, die heute mitsamt Video erscheint.

Schon früh hat sich Janner ganz der Musik verschrieben. Er studierte Jazz- und Popgitarre in Holland, arbeitete mit Künstlern wie Samy Deluxe, Curse, Nena, Motrip, Ghostface Killah, Das Bo und vielen Anderen – und er hatte mit Rakede eine Band mitbegründet, die sich zu einem aufregenden Schmelztiegel der Genres und Styles aufschwang. Nach beinahe zehn Jahre Bandarbeit und Tourneen just, als sie bei Warner Music ihren ersten Majordeal in der Tasche hatten, zerbrach die Band in zwei Hälften. Der Tiegel war übergekocht, die Verschiedenheiten der Mitglieder wurden so üppig, dass sie sich zu handfesten Differenzen auswuchsen.

Für Janner folgte eine Zeit der Orientierungslosigkeit, eine handfeste Beziehungskrise und depressive Episoden, die neben dem beruflichen und künstlerischen nun auch noch das private Leben mit einem bedrückenden Mehltau der Niedergeschlagenheit überzogen. „Dann, eines Nachts beim Mischen im Studio, machte es Plopp und ich konnte keine Bässe mehr hören“, erzählt Janner. „Es lag nicht an meinem Programm oder den Speakern – auch das Geräusch des Lichtschalters und der Dusche bestanden nur noch aus Höhen. Das war sehr erschreckend und und zeigte mir, wie wichtig mein Gehör und die Musik für mich waren. Und führte mich dazu, mich mehr damit auseinanderzusetzen, was mir wichtig ist, warum ich Musik mache und mit welchen Überzeugungen dies zu tun ist.“ Es war der Beginn einer Reise zu sich selbst, die nun in dem Album „Vor dem Hörsturz“ Gestalt annimmt.

Wer sich die Songs anhört, wird zwei Dinge schnell herausfinden. Erstens: Janner ist ein ausgezeichneter Songwriter, sowohl textlich als auch kompositorisch, der genau weiß, was ein Song braucht – und ebenso gut, was man alles weglassen kann, weil es nur Zierrat oder Zeitgeist ist. Was zweitens dazu führt, dass „Vor dem Hörsturz“ ein ebenso zeitloses wie hochmodernes Album ist, wie es der deutschsprachige Pop noch nicht gehört hat. Die Einflüsse sind auch hier noch zahlreich, gehen von Singer- /Songwriter und Rock- Referenzen über die Pop-Eleganz von Phoenix bis hin zu mutig pumpenden Elektronik- Arrangements; doch in der Stimme und dieser wunderbar eigensinnigen Entschlacktheit, mit der die Songs daher kommen, klingen sie zu jeder Zeit nach Janner.

„Diese Songs und einige Erfahrungen danach – wie die Arbeit an Theaterstücken in Albanien und Bosnien und an der Filmmusik für den preisgekrönten Film „Futur Drei/No Hard Feelings, der bei der 2020 Berlinale Premiere feierte – haben mich dahin gebracht, meine Musik kompromisslos für mich und nicht für ein von der Industrie gefertigtes Schubladendenken zu machen“, resümiert Janner. „Es half mir, die existierenden Songs umzusetzen und das Musikmachen wieder zu genießen.“ Der Hörsturz ist überwunden, die Songs werden bleiben. Und werden sich – das kann man nachgerade garantieren – einer nach dem anderen zu äußerst willkommenen Ohrwürmern mausern, je häufiger man sie hört.