Um einen ersten Eindruck von Interlace zu bekommen, sei an dieser Stelle gleich einmal auf die Rezension ihrer European Version von "Under The Sky" verwiesen. Denn mit "Imago" setzt das schwedische Trio genau an dieser Stelle an und geht soundmäßig noch einen Schritt weiter. Auf "Under The Sky" konnte man schon sehr gut erkennen, dass sie ihren ganz eigenen Stil in den Up-, Mid- und Downtempobereichen des EBM-Industrial setzen und diesen nun auch mit dieser Veröffentlichung unbeirrt fortsetzen - nicht zuletzt durch die markant raue und kratzige Stimme des Sängers, die allerdings auch immer noch mehr oder weniger stark den Verzerrer durchlaufen hat. Auf "Innuendo" bzw. der europäischen Ausgabe "Under The Sky" befassten sie sich mit der heiklen Thematik des Klonens, der Erschaffung und Entstehung eines Klonfötus. Auf "Imago" ist nun der zweite Schritt nach dem Verlassen der Brutkammer hörbar - nämlich die Konfrontation mit unserer Welt, eisiger Kälte und sterilen Wänden. Verglichen mit dem Vorgänger bietet dieses Album durch die gewählte Thematik eine noch stärkere Düsterheit, die sich nicht nur durch den Gesang bemerkbar macht sondern auch durch komplexere Arrangements und vielschichtigere Sounds. Dass solche Konzept-CDs durch ihre nicht ausschließliche Tanzbarkeit das dunkle Publikum der eher härteren Gangart ab und an spalten, ist fast eine logische Folge. Doch genau diese Vielfältigkeit ist die Stärke der Band, weil dadurch eine Abwechslung aus den Lautsprechern tönt, die mit einer Mischung aus schnellen und langsameren, agressiven und industriell-ruhigeren Titeln die Ohren verwöhnt. So finden sich neben 4-on-the-floor-Beats wie bei der Vorab-Single "Master" oder "Conformity" auch Mischungen aus eben genannten und Breakbeats wie bei "Elohim" oder "Quintillion" auf dem Silberling. Letztgenannter besticht durch seinen starken Industrial-Akzent und erschafft damit eines der schönsten Klanggemälde des Albums. Der Rest ist tempomäßig meist ruhiger gehalten, jedoch damit keinesfalls langweilig. "Sleep On Stones", "Track Two" und "Veneer" bieten z.B. eine elektronisch krachende und trotzdem klangmäßig vielfältige Schwermütigkeit, die durch den Song "Pandora" etwas besänftigt wird und mit den Quasi-Balladen "Crystalline Hush" und "Candle Burns In Me" die ruhigsten Momente von "Imago" findet. Außerdem bieten Interlace noch vier instrumentale Songs an, wobei drei davon eher als klangliche Lückenfüller dienen, welche die Ohren wieder etwas entlasten. "Molt" stellt mit seinem breakbeatlastigen darkhop-industrial-chillout-Sound einen instrumentalen Abschluss dar, der nach all den unterschiedlichen Songs passender nicht sein könnte. Für Interlace-Fans ist diese Fortsetzung ein definitives Muss und des Weiteren eine unbedingte Empfehlung für diejenigen, die auch gern einmal über den stampfenden EBM-Industrial-Tellerrand hinaus hören. Sicherlich ist "Imago" nicht Jedermanns Geschmack aber es ist nicht auszuschließen, dass sich diese Einstellung nach mehrmaligem Hören auf der heimischen Anlage bzw. unter den Kopfhörern ändern kann und vermutlich auch wird. Der häufigere Durchlauf ist sehr zu empfehlen, damit ein umfassenderer Eindruck des Albums entstehen kann.