„Wenn einem soviel Gutes widerfährt...“ – Dieser Werbespruch für einen bekannten Weinbrand kann so circa alle zwei Jahre auch auf meine musikalische Intuition übertragen werden, die mir zuverlässig das Glück beschert, ohne Vorwarnung auf absolute Geheimtipps im Synthpopsektor zu stoßen, welche sich dann binnen weniger Minuten in den erlauchten Kreis der Lieblingsbands hinein musizieren. Einen solchen Kickstart von Null auf Hundert hat die Band „In Good Faith“ hingelegt, die bis dato völlig an meinem Radar vorbeilief, doch deren jüngst veröffentlichtes Debütalbum „Past_Tense_Presence“ nahezu furchteinflößende Perfektion bietet. Vorab sei jedoch erwähnt, welche Erwartungen das Duo, bestehend aus Marc Näder und Kai Németh, garantiert nicht erfüllen wird – nämlich jene nach Innovation und einer wie auch immer gearteten „Weiterentwicklung“, die sich in der Realität zumeist als verunfallte Einbeziehung von E-Gitarren entpuppt, mit denen das ganze schöne Soundbild nachhaltig zerschreddert wird. Der Hörer darf entspannt aufatmen, „In Good Faith“ praktizieren klassischen Synthpop der dezent tanzbar-melancholischen Sorte, also näher an De/Vision, als an Erasure zu verorten. Ihr Erstlingswerk umfasst 12 Songs, von denen keiner als instrumentaler Lückenfüller abgestempelt werden muss, sowie einen Remix vom wohl stärksten Song der Platte, „Someone“. Dieser wurde von „Mic-L“ bearbeitet, den Insider noch von seinem Mitwirken bei „Ultima Bleep“ kennen dürften, einer weiteren sträflich unterschätzten Synthie-Combo. Doch bevor der erwähnte Remix das Album gebührend abrundet, sorgen zuvor 12 abwechslungsreiche Songs f??r dauerhafte Spannung. Da wäre zum Einen die Kategorie „Eingängiger Dance-Kracher“, die mit „United“ und „Memories“ adäquat bespielt wird. Die Komplexität wurde in beiden Fällen zugunsten maximaler Mitsingtauglichkeit zurückgefahren und somit ein passender Kontrast zu den ruhigeren, sperrigeren Songs wie „Endlose Brücken“ (dem einzigen deutschsprachigen Beitrag) und „Loneliness“ gefunden. In den meisten Fällen bewegt sich das Duo allerdings zwischen beiden Extremen. Fesselnde Melodien, variable Drums und das Ganze getoppt durch einen hochwertigen Gesang, dem dank professioneller Produktion die notwendige Präsenz zugestanden wird. Im Gegensatz zu so manch anderer Neuerscheinung aus dem elektronischen Musikgenre, wird auf der vorliegenden CD der Gesang ganz deutlich als stilbildendes Mittel eingesetzt und nicht hinter einem überladenen Soundteppich versteckt gehalten. Auf diese Weise entfaltet das lässig groovende „Cell“ und die Megahymne „Someone“ ihr Potenzial auf ganzer Linie. Auch die Fremdkomposition „When Love Turns To Anger“ von Mic-L fügt sich perfekt in das harmonische Gesamtkonzept ein. Wer ernsthaft nach Kritikpunkten suchen möchte, mag bestenfalls den etwas verhaltenen Einstieg ins Album bemängeln, doch spätestens mit Song Nummer 3 klebt der Hörer zwischen den Stereolautsprechern fest. „Wenn einem soviel Gutes widerfährt.... dann ist das doch eine Bestellung wert...“! 13 Euro inklusive Versand kostet der Silberling, der momentan nur direkt bei der Band erworben werden kann. Alternativ gibt es bei Bandcamp für 7 Euro die Download-Only Variante. Selten war meine Begeisterung über ein absolutes Überraschungsalbum so groß wie dieses Mal. Und „In Good Faith“ hätten es verdient, bereits mit dieser Veröffentlichung ihren Durchbruch zu schaffen.