Dass Chartpositionen nicht unbedingt, den musikalischen Wert widerspiegeln, ist nicht erst seit den NO ANGELS oder dem „Kuschelsong“ bekannt. Doch dann und wann geschehen noch Wunder. Eine der kürzlichen Überraschungen war die grandiose Nummer 1 Platzierung unserer Berliner Mittelalter-Rocker von In Extremo. Nochmals herzlichen Glückwunsch von dieser Stelle und vor allem herzlichen Glückwunsch für diese tolle Scheibe. Nachdem die vorletzte Platte „7“ stark Richtung Mainstream schielte und die beiden Singleauskopplungen „Küss Mich“ und „Erdbeermund“ eingefleischten Fans schwer aufgestoßen ist, konnten sie bei „Mein Rasend Herz“ wieder Fahrtwind aufnehmen und geraten mit „Sängerkrieg“ in einen mächtigen Sturm – der sie jedoch an die gelobte Küste treibt. Gleich die beiden Opener „Sieben Köche“ und „Sängerkrieg“ geben die Marschrichtung vor: dicke Eier, dicke Gitarren – hier wird mächtig gerockt. Vor allem „Sängerkrieg“ walzt sich buchstäblich in dein Hirn und sollte live auch hartgesottene Metaller zum Bangen kriegen. Doch auch die Mittelalterfraktion bekommt ihr Fett weg. Mit „Requiem“ und „Zauberspruch“ gibt es altbewährte Kunst, welche sich perfekt in das Gesamtbild einfügen. Daneben tummeln sich wunderbare Mixturen, wie die erste Single „Frei Zu Sein“. Doch mit „Flaschenpost“ „Tanz Mit Mir“ gibt es weitere Beispiele, wie man Alt und Neu zur Perfektion treibt. „Mit „En Esta Noche“ hat sich obendrauf der erste spanische Song auf einen In Extremo-Scheibe geschlichen, bei dem sich Micha mit Jose Andrea von Mago De Oz das Mikro teilt. Den einzigen Ausrutscher gibt es mit „An End Has A Start“ – eine Coverversion des gleichnamigen Songs von den EDITORS. Warum man solch einen durchschnittlichen Song aussucht, bleibt mir ein Rätsel. Schuster bleib bei deinen Leisten! Aber egal, umso besser erscheint der Rest, der mit „Mein Liebster Feind“ und der schwermütigen Ballade „Auf’s Leben“ hochwertig abgeschlossen wird. Der "Sängerkrieg" liefert eine ungeheuere Abwechslung und die perfekte Symbiose aus Mittelalterlichen Klängen und harten Rock. Obwohl die Veränderungen auf dem Papier vielleicht gar nicht so groß aussehen, scheinen die Berliner nach den letzten Jahren des Umbruches und des Suchens endlich am Ziel angekommen zu sein. Mit ihrem neunten Werk haben In Extremo endgültig gezeigt, wer den Sängerkrieg gewonnen hat und an welchem Album sich alle zukünftigen Mittelalter-Rock-Veröffentlichungen messen müssen – Großartig!