Für Ill Nino bedeutet Musik, Grenzen überwinden, raus aus dem eigenen Saft, offen für Neues. Daher ist auch klar, dass sich Ill Nino nicht einfach nur als typischer Exotencocktail sehen, sondern über kurz oder lang ihr eigenes Ding durchziehen und sich auch offen für moderne Einflüsse zeigen würden. Das Resultat aus bisher neun Jahren Bandgeschichte kann man auf „Enigma“ eindrucksvoll hören. Alles begann 1999 als Drummer Dave Chavarri, Sänger Christian Machado und Bassist Laz Pina in New Jersey die Band Ill Nino gründeten, mit dem Ziel, amerikanisch geprägten Metal mit traditionellen Latein-Amerikanischen Rhythmen zu kreuzen. Der Plan ging auf, bereits das Demo konnte Roadrunner Records beeindrucken, welche die Jungs sofort unter Vertrag nahmen. In den nächsten Jahren wurden Erfolge über Erfolge gefeiert, diverse Festivals weltweit in Asche gelegt, zusammen mit Linkin Park, Drowning Pool, Korn und weiteren Weltstars die Bühnen geteilt und einen Song zum fetten Freddy vs. Jason Soundtrack beigesteuert. 2006 war erstmal Schluss, die Ehe mit Roadrunner war aus – doch schnell fand sich ein neuer Partner, in Form von Cement Shoes Records, über jene die EP „The Undercover Session“ veröffentlich wurde. Nun steht das neue Studioalbum in den Startlöchern, bereit jede Menge Arsch zu treten. Und genau das tut es vom Start weg. Nach einer beschaulichen Eröffnung dreht „The Alibi Of The Tyrants“ die Uhr gleich auf die 12 und haut dir das volle Brett gegen den Kopf, ohne im Fleischwolf zu enden. Druckvoll, rhythmisch und voller Energie – so muss ein Opener klingen. Die folgende Singleauskopplung „Pieces Of The Sun“, schielt da schon eher auf die MTV-Generation und kommt mit einem cleanen Metalcore-Refrain hinterm Kaktus hervor. Und so pendeln die Jungs im weiteren Verlauf zwischen Mainstream und harten und kantigem Geknüppel, ohne jedoch ein zu breites Spektrum abzudecken und den Überblick zu verlieren. Mal auf Englisch, mal auf Spanisch walzt man sich durch, fügt ab und an lateinamerikanischen Rhythmen ein, ohne jedoch sich zu weit in den Urwald zu begeben, obwohl „Guerrilla Carnival“ über vereinzelte Sepultura/Soulfly-Anleihen verfügt. Hauptaugenmerk bleibt typisch amerikanischer Metal, geshoutet, gegrunzt oder cleane Vocals, alles ist im Angebot. Selbst eine belanglose Mainstream-Ballade („Me Gusta La Soledad“) hat sich auf die Scheibe geschlichen. Weiterer Kritikpunkt ist der relativ geringe Überraschungseffekt. Obwohl sich alles im gehobenen Niveau abspielt, kann man aufgrund der fehlenden Innovationen schneller als erhofft, die Lust verlieren. Cleane Refrains auf geshoutete Strophen verlieren schnell den Reiz, vor allem wenn das mittlerweile jede dritte Band durchzieht. Das den Amis nix anderes einfällt? Wer auf Metalcore mit einigen hübschen Farbspritzern steht, sollte unbedingt „Enigma“ testen. Wer mit U.S.Metal nix anfangen kann, dem werden auch die gelegentlichen Latinosounds nicht auf die Sprünge helfen...Keine Enttäuschung - aber ein wenig mehr Mut hätte gut getan.