Ja, da schau her: Hocico. Ich erinnere mich an das Jahr 2000, als ich das erste Mal bewusst zu den pumpenden Beats von „Poltergeist” mit anderen Schwarzgekleideten auf der Tanzfläche herumzappelte. Drei Jahre später war es dann die Single „Ruptura“, die endgültig dafür sorgte, dass sich der Name des mexikanischen Duos in meine Hirnlappen eingravierte. Was habe ich viel getanzt. Oh, nein, doch nicht etwa noch so ein „Früher war alles besser” Artikel….? Keine Sorge, eher eine ernüchterte Rekapitulation der Erinnerungen und die Frage, wie ich Trademarks, die schon damals im Hocico-Electro-Konzept enthalten waren, ernstnehmen (oder zumindest ausreichend ausblenden) konnte, um die Musik zu genießen. Denn beim Blick auf den Albumtitel und die Trackliste der aktuellen Scheibe, konnte ich nur mit dem Kopf schütteln: ‚HyperViolent‘, „Acts of aggression“,… So so. Ich sage es mit Danny Glover in Lethal Weapon: “Ich bin zu alt für den Scheiß”. Die Musik auf dem vorliegenden Album ist eben eine weitere Tüte Hocico Gummibärchen, alles, was man seit hundert Jahren, oder zumindest seit den 90ern, von den beiden Herren erwarten konnte und musste, finden sich auch hier wieder. Electro, der düster und brutal wirken soll, keifende Vocals, bisweilen an Rave erinnernde Elektronik und immer mal wieder Ambient- oder Neoklassik-Stücke, die seit dem Debüt wie fehl am Platz ihren Platz finden (auf den Demos, die ich nach und nach erwarb und inzwischen am meisten schätze, nahmen sie einen deutlich höheren und dadurch passenderen Stellenwert ein). Ganz schlimm sind in meinen Ohren die Industrial-Metal Gitarren beim (zugegebenermaßen passenden) Ministy Cover "N.W.O.". Einfach nein. Ich kann die musikalische Qualität von ‘HyperViolent’ kaum objektiv bewerten, denn es ist einfach mehr von dem, von dem es in meinen Ohren eigentlich abschließend ausreichend Material gibt. Die Minuten und Lieder vergehen und ich kann mir weder merken, was ich da gehört habe, noch bin ich mir sicher, ob es wohl andersherum genauso gewesen wäre: Wenn ‚HyperViolent‘ bereits 2002 erschienen wäre, wären dann meine (am Ehesten als solche zu betitelnden) Favoriten „Broken empires“ oder „Lost world“ mein „Bloodshred”, zu dem ich wieder besseren Wissens immer wieder auf der Tanzfläche landen würde? Ich will es nicht ganz ausschließen. Und trotzdem, Begeisterung wirkt einfach anders. Ich würde ‚HyperViolent’ nicht als Einstieg in die Welt von Hocico empfehlen. Ich bin mir aber auch nicht wirklich sicher, ob ich aus meiner heutigen Sicht Hocico als Projekt weiterempfehlen würde, auch wenn ich früher Alben shoppte und (selten) hörte. In meinen Augen kann man es bei einem Best of belassen, das vielleicht 5 bis 8 Titel beinhaltet. ‚HyperViolent’ ist ein neu entwickeltes Relikt aus den späten 90ern und reiht sich wohl einzig und schnell vergessen in die Regale von Komplettisten ein – mehr Staub wird es aber nicht aufwirbeln. Hocico - HyperViolent Out of line / 14.04.2022 https://www.hocico.com/ 01. When the trumpets of hate blow 02. Broken empires 03. Acts of aggression 04. Un sepulcro sin cadaver 05. What are nightmares made of? 06. Hacked society 07. El jardin de las locuras 08. Backstabbers 09. Lost world 10. Black reflection 11. N.W.O. 12. Crown of knives 13. Peccata mundi