Nichts für Hausfrauen - so steht es im Begleitschreiben. Und genauso ist es. Obwohl… Beim Bügeln oder Budenschwung könnte diese Scheibe mit ihrer durchdringenden, tw. krachenden Energie durchaus antreibend wirken. Vorausgesetzt, die Hausfrau ist für einen Mix unterschiedlicher elektronischer Musikstile im höheren Down- bis Midtempo zu haben. So verbinden sich auf dem 4. Longplayer des norddeutschen Duos High Wycombe langsam düstere und minimale Vocals mit härteren Electro-Strukturen. Diese spiegeln sich auf "Retoure" in Form von gesampelten und experimentell arrangierten EBM-, Industrial- und sphärischen Ambient-Einflüssen wider, gepaart mit einer 2Step-Rhythmik und einem leichten nordamerikanischen Einschlag. Manchmal glaubt man sogar, ganz leichte Aphex Twin- und Yello-Einflüsse (durch die Stimme) zu hören oder auch einen Hauch Front Line Assembly bzw. die Experimentierfreudigkeit eines Daniel Myer. Trotzdem haben High Wycombe ganz klar ihren eigenen Stil, der sich nicht nur auf den dunkleren elektronischen Bereich bezieht, sondern sich auch einiger ausgesuchter Klangelemente der breit gefächerten Techno-Szene bedient. Und das Beste daran ist - es klingt bombastisch und zieht den Hörer nach und nach in seinen Bann! So einen Experimental-EBM-Industrial-Ambient-Mix habe ich bisher von keiner Band für ein komplettes Album zu Gehör bekommen. Sicherlich erfordert es auch eine gewisse Portion Mut, diesen Weg zu gehen, denn der ist keinesfalls ausgelatscht, sondern in dieser Form noch fast jungfräulich. Aber wie heißt es doch so schön: Wer in die Fußstapfen Anderer tritt, hinterlässt keine eigenen Spuren. Sie selbst bezeichnen ihre Musik als Sub-Electro. Eine neue Schublade, die bis jetzt definitiv nur High Wycombe beinhaltet. Sicherlich ist die Scheibe auf Grund ihres Charakters weniger für den Club geeignet, weil sie doch eher experimentell ausgerichtet ist. Umso mehr sollte sie aber laut im Auto, zu Hause (auch unter Kopfhörern), für Multimedia-Projekte oder Lichtshows eingesetzt werden. Was unbedingt erwähnt werden sollte: Auf jeden Fall mehrmals hören! Denn es finden sich so viele interessante Klangcollagen, die sich dem Hörer keinesfalls komplett beim ersten Durchlauf offenbaren. Dazu ist das Album für den Einen oder Anderen eventuell zu komplex, obwohl es klanglich in sich geschlossen wirkt. Durch die experimentelle Struktur ist es unter Umständen auch möglich, dass man nach der 1. Hälfte erstmal eine Pause macht um das zu verdauen, was man da gehört hat, aber danach geht es auf jeden Fall weiter. Dass die beiden Rostocker kein Erstlingswerk abliefern, wusste ich vorher nicht, da sie mir bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt waren. Ich hätte es jedoch auch nicht vermutet, da die Produktion sehr professionell klingt und man sich so einfach für knapp 79 Minuten an diesem frischen Sound erfreuen kann. High Wycombe verstehen es, die Anwendungsvielfalt der elektronischen Instrumente so kreativ zu kombinieren, dass man, zumindest für eine Zeit lang, keine Lust verspürt, seine bisherigen Lieblings-CDs in den Player zu schieben. Anspieltipps: Alle Lieder. Na gut: "Neila", "Stalker", "Oblivious" u.v.m. Erhältlich ist die CD neben unseren bekannten "alternativen" Mailorder-Anbietern zu einem absolut fairen Preis auch in den norddeutschen Media Märkten.