„Und trotzdem komm mit mir und spann die Segel auf, in dieser Zeit zeig ich dir Licht im Grau…“ lautet die erste Textzeile des mittlerweile neun Jahre alten Clubhits „Licht im Grau“ der sächsischen Formation Head-Less. Licht ins Grau der damals zahlreichen Veröffentlichungen im Future-Pop brachte die Band mit ihrem dazugehörigen Album „Transponder“, das interessante Sounds mit einprägsamen Melodien vereinte und eine breitere Resonanz verdient gehabt hätte. Doch die Lausitzer gaben nicht auf, tourten um die halbe Welt und stellten dabei ihre Live-Qualitäten unter Beweis. Nun erscheint dieser Tage der Nachfolger ihres Albums „Rouge et Noir“ beim Szenelabel Danse Macabre, das mit Sharon Next und Waves under Water bereits zwei äußerst talentierte Electrobands unter Vertrag hat. Head-Less fügen sich gut in dieses Band-Roster ein. Eigenständig wie eh’ und jeh beschreiten sie ihren ganz eigenen Weg zwischen eingängigen Popnummern und krachenden Club-Smashern. Auf „Imperfect: Mensch“, so der Name des aktuellen Werkes, wird letztere Kategorie dabei sattsam auf der ersten Hälfte der CD bedient. „Punish your head“ knüpft nahtlos an den 2007er Hit „Triebjagd“ an, auch „We stand in hope“ könnte bei jedem EBM-Electro DJ, der nicht nur auf die immer gleichen Publikumswünsche hört, ganz oben auf der Playlist stehen. Der Sound der aktuellen Scheibe präsentiert sich dabei gegenüber dem letzten Album nahezu unverändert, doch warum sollte man auch das Erfolgsrezept komplett umkrempeln? Produktionstechnisch ist dagegen eine deutliche Weiterentwicklung zu konstatieren, die Instrumentierung kommt nun vielschichtiger und differenzierter zum Tragen. Dem Konzept der hundertprozentigen Tanzbarkeit wird spätestens ab Track 6, der Coverversion des Karussell-Klassikers „Als ich fortging“ abgeschworen. Dieser Song, auf Konzerten ein fester Bestandteil der Setlist, markiert sozusagen den Beginn der zweiten Hälfte des Albums, das den Schwerpunkt auf synthiepoppigeres Liedgut setzt. Dazu passend kommt Rene Hentzschels Gesang nun weitaus weniger aggressiv rüber, man fühlt sich im positiven Sinne in die Gründerzeit der Band zurück versetzt, als mich der radiotaugliche Song „Friendship“ auf einem der legendären Modern Entertainment Sampler erstmalig für die Band begeisterte. Um moderne, kratzigere Sounds ergänzt, zelebrieren Head-Less bei „Forgiving“ und „You“ einen vielschichtigen Electropopcocktail und setzen damit die Highlights des Albums, das mit dem spannungsgeladenen „The Deep Insight“ einen würdigen Abschluss erfährt. Hier werden auf knapp 6 Minuten noch einmal alle musikalischen Wesenszüge zusammengefasst – zunächst mit einem überraschenden Gitarrensample eine gewisse Melancholie verströmend, baut sich der Song langsam von einer unverfänglichen Popnummer zum final explodierenden Clubhit auf. Ich möchte nicht wissen, wie viele Rezensionen den Titel des Albums zum Anlass nehmen, vorhersehbare Überleitungen zu einem Teil-Verriss aufzutischen. Verlockend wäre dies zweifellos, doch besteht kaum eine Angriffsfläche zur Rechtfertigung übertriebener Meckerei. Head-Less bezeichnen sich im Presseinfo als „sympathische Realisten“, die demnach sicher wissen, dass andere Bands womöglich abwechslungsreichere Klangcollagen bzw. variantenreicheren Gesang bieten. Doch das, was ihnen Spaß macht und womit sie die Hörer erreichen können, machen Head-Less gut und unter dem Strich sogar besser als auf dem vorherigen Album. Denn „Imperfect: Mensch“ wirkt in sich stimmiger und strukturierter, was nicht zuletzt die nachvollziehbare Ordnung der Tracklist unterstreicht: 20 Minuten tanzen, anschließend 30 Minuten zuhören – ein doch schon ziemlich „perfektes“ Konzept.