Ganze sieben Jahre hat es gedauert, bis uns Haus Arafna wieder mit einem neuen Album beehren. Mrs. und Mr. Arafna setzen trotz der relativ langen Zeit da an, wo das letzte Album "Butterfly" aufgehört hat. Auch auf ihrem neuen Album "You" bevorzugt das Duo weniger den brachialen Industrial seiner Anfangstage, als verstörend kreierte Songs, die augenscheinlich normal klingen, aber tiefe Abgründe bergen. Den vielerorts so beliebten arafnesken Schreigesang gibt es zwar auch zu hören, doch "You" ist in seiner Gesamtheit ein Album der gedämpften Töne geworden. Die früheren, brutalen Industrial- und Schreiorgien sind einer subtilen Beschreibung menschlicher Fatalitäten gewichen, die dermaßen unter die Haut geht wie seinerzeit das erbarmungslose oszillatorische Brummen. Nach einem ersten Durchhören lassen sich bei vielen der Songs direkte Parallelen zu November Növelet ziehen, nur dass bei November Növelet nicht Mr. sondern Mrs. Arafna singt. Auch beim letzten Album "Magic" dieses Nebenprojekts hatte sich ein Trend zu puristischerem Sound gezeigt. "Today You Died" steht auf "You" beispielshalber für eine äußerst minimalistische Umsetzung, was natürlich auch dem im Song behandelten, zutiefst traurigen und von Selbstzweifeln gekennzeichneten Thema geschuldet ist. "Did you see the truth a long time ago?" wird da das tote Konterfei gefragt. Dafür lässt der Titeltrack "You" Erinnerungen an alte Veröffentlichungen aufkommen, wenn zum Schreigesang metallisches Schlagen hinzukommt. Noch mehr den alten Tagen huldigend klingt "Alive Through Pain", weil hier die oszillierenden Generatoren wieder angeworfen wurden. Aber Songs wie "Lucifer" oder "Independent" zeigen klare Rhythmen und Melodien, die von richtigem Gesang getragen werden. Das schockierende Moment ist dem oberflächlich eingängigeren, aber unterschwellig peinvolleren gewichen. Ein Titel wie "Judas Kiss" birgt auf den ersten Blick nichts Aufregendes, aber der Song nagt an einem mit seinen leicht kratzigen Synthies, der dumpf gesungenen Melodie und diesem frustrierenden Text. Sehr schön ist auch der kurze gegenseitige Gesang von Mrs. und Mr. Arafna in "The Woman You Are", einem Song, der an die Avantgarde der späten 70er und früheren 80er wie Cabaret Voltaire erinnert. In "Fallen" wird der Schreigesang mit einem ruhigen Grundton kombiniert, bei dem die sporadisch auftretenden hohen Töne wie Nadeln wirken. In "Colony Collapse" findet dann alles zusammen. Alt und neu werden zu einem hypnotischen und schmerzenden Song mit stampfendem Rhythmus, heraus gebrülltem männlichen und laszivem weiblichen Gesang kombiniert. Man mag diesen neuen Sound von Haus Arafna als reifer bezeichnen, aber die Souveränität des Duos stand nie zur Debatte. "You" ist eher subtiler, subluminaler als seine Vorgänger. Die Texte lassen sich wie immer in verschiedene Richtungen deuten. Haus Arafna jonglieren auf "You" mit Gewissen, Schmerz und Tod. Das Album wird Zerrspiegel und Zufluchtsort zugleich. Böse und Gut, Rettung und Abgrund liegen nah beieinander. Und wir sind mittendrin… DU bist mittendrin.