Die Fans werden jubeln! Nicht alle, aber wahrscheinlich doch einige! Denn Multitalent Daniel Myer ist nach 10 Jahren Bandgeschichte mit einem neuen Haujobb-Album zurück. Nicht immer waren sich die Kritiker einig, wie sie Myer's musikalische Eskapaden bewerten sollten, zu unterschiedlich fielen seine Kompositionen und Werke aus, sprich: Daniel Myer ist immer für eine Überraschung gut. Das bleibt hoffentlich auch so! Doch eines hat sich nicht geändert: das durchweg hohe Niveau seiner Musik, der er immer wieder neue Dimensionen und Facetten entlockt. "Vertical Theory", das mittlerweile sechste Haujobb-Album, beweist einmal mehr, dass Daniel Myer und Dejan Samardzic die Ideen nicht ausgehen. 10 neue Tracks sowie ein Remix des Titel-Songs der letzten "Penetration"-EP erwarten den Hörer auf "Vertical Theory" – ein Werk, das mit einer unglaublichen stilistischen Vielfalt aufwartet und dennoch nicht zerrissen wirkt. Hier gibt es feinste elektronische Musik, die sich nicht an Future-Pop oder EBM-Klischees anzubiedern versucht, sondern einfach nur das Kriterium fortführt, das Myer und Samardzic bisher immer "erfüllen" konnten. Eigenständigkeit und Intelligenz in der Musik. Oder, wie Daniel Myer den Stil von "Vertical Theory" beschrieb: "a little trance, a little EBM, a little industrial, a little ambient, and a little bit dance, but with that Haujobb 'feel'." Geht es noch treffender? In gewisser Weise tanzbar, aber nicht unbedingt tanzflächentauglich präsentieren sich die Songs des neuen Albums. Luftige, wabernde und atmosphärische Synthies legen sich über die Drum'n'Bass ähnlichen Beats, ohne sie jedoch zu verdrängen. Ein Wind von weichen, verträumten Ambientsounds weht durch das Album, nur gelegentlich zieht ein kleiner, kurzer Sturm von härterer Elektronik auf, der sich jedoch wieder sacht zurück zieht und ein Gefühl von wohliger Wärme hinterlässt. Myer's Stimme kommt oft zum Einsatz – mal eindringlich und klar, mal dezent zurückhaltend oder spacig-verzerrt. Jeder Song, ob die (wohl einzigen Dancefloor tauglichen) Tracks "The Noise Institute" und "A Terrifying Truth" oder das atmosphärisch-ruhige "Concrete" wie auch das schlichtweg geniale, weich-fließende "Renegades of noize" entwickelt schnell eine eigene Song-Identität und strahlt ein besonderes Charisma aus. Myer und Samardzic haben wieder einmal mit viel Liebe zum Detail gearbeitet, mit Samples experimentiert und viel Gefühl in die Produktion, aber vor allem auch in die sehr lesenswerten Lyrics investiert. Ein Album wie aus einem Guß, durchzogen vom roten Faden der Harmonie, aber definitiv nicht als Club-Chart-Stürmer gedacht. "Vertical Theory" entfaltet seine volle Wirkung m.E. nach am besten beim nächtlichen Sterne beobachten (die Perseiden sind leider schon vorbei gezogen) oder beim Entspannen auf dem heimischen Sofa. Ein anspruchsvolles, gelungenes Album der beiden Ausnahmekünstler!