Der 11.11.11 sollte es sein, ein denkwürdiges Datum für eine denkwürdige Veröffentlichung. Zumindest in Deutschland hat ein Druckfehler im Artwork den Herren Myer und Samardzic diesbezüglich einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ein schlechtes Omen oder unerhebliche Verzögerung? ‚Dead Market’ als erste Auskopplung machte neugierig darauf, was das innovative Duo seit ihrem letzten regulären Album vor acht Jahren so getrieben und im Jahre 2011 letztendlich zusammengeschraubt hat. Destruktive Ästhetik auf dem Cover, eine Betonwüste der Zerstörung setzt den Kontext und zieht sich nicht nur beständig durch das ganze Artwork, sondern auch durch die zwölf Songs von ‚New World March’. Thematisch die drohende Dominanz der Maschinen bis hin zur Zerstörung der Welt aufgreifend in verschiedenen Nuancen dargestellt, kann man alles zwischen den Gefahren der Datenfabriken der Social Networks bis zur echten matrixartigen Unterwerfung der Menschheit in die Texte hereininterpretieren. Konsequent prägt ewige Flucht, Angst und Auslieferung das düster in Grautönen gemalte Bild und setzt sich gradlinig auch in der musikalischen Ausgestaltung fort. Zwar wird die Tanzbarkeit nicht aufgegeben, bei einem Clubeinsatz wird der souveräne DJ sich jedoch bestimmt eine andere Integration in eine schlüssige Setlist ausdenken müssen als das noch bei Tracks aus ‚Vertical Theory’ der Fall war. Haujobb sind definitiv in der bedrohlichen, teilweise beängstigenden Ecke des Electro-EBM-Spektrums angekommen und das sehr bewusst. Weniger dicht als zuvor akzentuieren die beiden Sound-Mechaniker ihre Songs mit sorgsam ausgewählten Geräuschen, die eine durchgängige Grundstimmung an den richtigen Stellen mit Unerwartetem kontrastieren. Wo Naghavi nur ‚Enjoy The Unknown’ singt, wird dies bei Haujobb zum Konzept. So lebt ‚Let’s Drop Bombs’ als sicherer Live-Klassiker der Zukunft nicht zuletzt von den gesampleten Drum-Attacken, die wie Salven der maschinellen Glückseligkeit den harten, schon fast an die Achtziger erinnernden Sequencer scheinbar aus dem Takt bringen wollen; natürlich ohne Erfolg! Schließlich lassen sich Maschinen nicht beirren, das wird hier mehr als klar. Zuvor jedoch führt das sphärische ‚Control’ mit monumentalen Roboter-Background-Chören in einer Beständigkeit, wie das seinerzeit auch bei der Music For The Masses Tour PIMPF als Live Intro schaffte, zum eigentlichen Auftakt des Albums: ‚Control’. Überhaupt scheint man sich der Soundlandschaften der frühen Depeche Mode zwischen ‚Construction Time Again’ und ‚Some Great Reward’ erinnert zu haben, denn oftmals klimpert es im Hintergrund ein wenig wie in ‚Pipeline’ oder ‚Something To Do’. Diese Parallelen machen schließlich ‚More Than Us’ oder ‚Soul Reader’ groß, ohne zu offensichtliche Parallelen zu schaffen. Sperrigkeit in Formvollendung, eine Symphonie der Störgeräusche, wie man sie bisher nur selten gehört hat, bringt die Kraft und Hoffnung ein, die man zwischen Zerstörung in den zerbombten Städten des beschriebenen Umfelds nötig hat. Immer wieder sind es dann jedoch auch die den analogen Drums nachempfundenen Grund-Beats, die die Bodenhaftung der ganzen CD sicherstellen und diese glaubwürdig erscheinen lassen. Alles in den uns geschenkten dreiundfünfzig Minuten Eletro-Beschallung scheint durchdacht zu sein ohne dabei auch nur irgendwie kopflastig zu wirken. Im Gegenteil: auch bei der durchgängigen Schwere der Songs schleicht sich eine übergreifende Leichtigkeit ein, die durch Spannung und Abwechslung punktet. Noch nie war ein musikalisches 256-Stufen Grautonbild so bunt wie ‚New World March’.