In meinen immerhin 12 Jahren beim Medienkonverter kam mir so einiges an Musik unter, das mich überraschte, verwirrte und dem ich als Otto-Normal-Konsument wohl nie begegnet wäre. Da waren teure, aber enttäuschende Promos, handgemachte Selbstproduktionen, die von unhörbar bis ziemlich gut alles boten und Musikstile und -melangen, an die ich mich als reiner Konsument nie gewagt hätte. Doch vorliegendes Album sticht aus der Masse all dieser Promos heraus. Und warum sticht es heraus? Es präsentiert sich als vollkommen unscheinbares, amateurhaft verpacktes Album, im Netz habe ich keinerlei Spuren entdeckt bis auf eine obskure Seite, die das Album unkommentiert als Download bietet und dazu ein Curriculum einer Prep School. Es gibt auch Videos mit wenigen bis null Klicks bei Youtube ohne Infos. Und vor allem eines macht diese Promo zu einer Besonderen: bei all den ungünstigen Vorzeichen ist es ein fantastisches Stück Musik!

Ich war aber zunächst auf alles gefasst, als ich den Silberling einwarf – zugegebenermaßen vor allem auf jede Menge Trash oder Belanglosigkeiten. Doch Hardtbeats ‘The early years’ ist eine ungemein charmante und spannende gemachte Sammlung musikalischer Kleinode, vor allem aus den Bereichen Folk-Pop, Pop und Wave. Laut CD Angaben steht hinter Hardtbeat Lars Eberhardt, er ist alleinverantwortlich für dieses Album (was ich zumindest beim weiblichen Gesang durchaus bezweifeln möchte) und ich möchte ihm die Hände schütteln, denn mit jedem Durchlauf habe ich mehr und mehr Spaß. Es beginnt noch recht unscheinbar mit einem kleinen Country-Folk Stück “Cowboy”, melancholisch, nicht außergewöhnlich aber mehr als gelungen, “Strange days” hätte ideal auf den Soundtrack von ‘Herr Lehmann’ gepasst (und überhaupt, Element of crime Fans sind hier durchaus richtig), “Out in the fields” überzeugt mit schönem weiblichen Gesang und einer entspannten, sommerlichen Atmosphäre. Bisher in Englisch, geht es nun mit der italienischen Nummer “Venezia” weiter, ganz wunderbar für sehnsüchtige Momente geeignet. Ein klein wenig druckvoller und eines der schönsten, enthaltenen Stücke: “Stormy Islands” und damit endet irgendwie der erste Teil des Albums.

Bis hierhin war ich sehr positiv angetan. Es folgt “La nuit de la glisse”, es ist, als ob Noir Desire Wave aufgenommen hätten – eine wundervolle, zerbrechliche und rein elektronische Nummer, von der ich einfach nicht genug bekomme. “Little love song” haut mich in der Produktion um: was eine nette Folk-Pop Nummer hätte sein können, die in jedes Tim Neuhaus Set gepasst hätte, wird durch zum Teil hektisches Drumming, zur halbzeit einsetzende Elektronik, Vocodereinsatz, Beats und (ganz besonders genial) treffsicher platzierte Rückkopplungsgeräusche zu einer wunderbaren Erfahrung. Mit großen Gesten kündigt sich “080214” an, wird dann zu einer sanften Wavenummer und pendelt in nur zwei Minuten gekonnt zwischen diesen beiden Polen. Zum Ende folgt der in meinen Augen einzige qualitative Querschläger, denn “I wanna be a human” ist eine “nur” gute Nummer mit einer gewissen funky 80er Attitüde. Zum Abschluss noch ein Intermezzo aus Digeridoo und Perkussions und schon sind 33 wunderbare Minuten vorbei.

Ist Hardtbeat ein richtiges Projekt? Sind “The early years” tatsächlich eine Sammlung älterer Stücke und Lars Eberhardt macht heute ganz andere Musik? Ist Lars Eberhardt eine reale Person? Steht die Homepage mit dem Currikulum in einem Zusammenhang mit dem Album? Werden wir noch mehr von Hardtbeat zu hören bekommen und wie wird das wohl klingen? Ich habe auf alle Fragen keine Antworten. Auf die Frage ‘Sollte ich mir dieses Album zulegen?’ kann die Antwort aber nur klar und deutlich ‘Ja!’ lauten. Denn “The early years” ist ein wunderbares Sammelsorium unaufgeregter, mühevoll und kreativ produzierter kleiner Juwele unterschiedlichster Genres. Ein tolles Album für den aufkommenden Sommer, ein Album, das gewinnt, wenn man die Ideen und kleinen Kniffe zu schätzen weiß, mit denen Eberhardt aus guten Melodien noch etwas mehr heraus holt. Wo kann man das Album kaufen? Da bin ich ehrlich gesagt überfragt, immerhin ist es bei den größeren Diensten als Download erhältlich - gönnt es euch!