Als Rezensent hat man es manchmal schon schwer, besonders bei Debütanten und Newcomern. Hier muss man besonders sensibel ans Werk gehen, schließlich besitzen diese noch nicht die Professionalität und Abgebrühtheit der Profis und ein falsches Wort seitens eines Kritikers könnte Karrieren vernichten. Was aber tun, wenn der vorliegende Output nicht nur Qualitativ auf dem Niveau von Volksmusik liegt, sondern wie eben diese wirklich weh tut? Noch mal eben barmherzig sein und den Künstler mit Samthandschuhen anfassen oder doch lieber den Katastrophenalarm ausrufen und die Bevölkerung warnen? Bei Harald Bosh und seiner ersten Maxi "Die Sonne scheint für alle umsonst" stellt sich genau diese Frage. Der Sohn einer russlanddeutschen Mutter und eines italienischen Vaters kam 1993 von Sibirien nach Deutschland und arbeitete sowohl in Russland als auch in Deutschland mit Theater und Musik. Durch seine Herkunft singt er mit einem einigermaßen starken Akzent und eine gewisse, wenn auch weit hergeholte, Ähnlichkeit mit Laibach-Sänger Milan Fras könnte man herbeireden. Doch neben dem eigentlich Gesang gibt es zwischen diesen beiden noch einen anderen, riesigen Unterschied: Während Herr Fras mit seinen provozierenden Texten in der Oberliga spielt, reicht es für Harald Bosh noch nicht mal zur Kreisliga. Recht kindisch und theatralisch besingt er so geistreiche Tatsachen wie "im Winter ist mir kalt, im Sommer ist mir warm". Für die Musik seiner Maxi ist Harald Bosh nicht verantwortlich, die stammt von einem gewissen D.W.R 2009, der wohl nicht ohne Grund nicht mit seinem richtigem Namen genannt werden will. Jener D.W.R 2009 kleidet Harald Boshs Texte in eine Elektro-Pop-Gewand. Das Ergebnis hört sich an, als ob es aus dem Synthesizer eines Alleinunterhalters stammt. Richtig obskur wird es dann, wenn man erfährt, dass Alexander Krull, der schon Atrocity und Leaves' Eyes produziert hat, für den Endmix verantwortlich ist. Das Gesamtergebnis liegt wirklich sehr nah an der Schmerzgrenze. Vielleicht hoffte dieses Trio Infernale etwas so trashiges zu erzeugen, dass die Leute es kultig finden werden. Und es wird bestimmt einige geben, die dem zustimmen werden und mit Sicherheit auch welche, denen "Die Sonne scheint für alle umsonst" auch wirklich gefällt. Aber der Rest sei gewarnt: Finger weg und auch nicht nur eine Sekunde mit dem Gedanken spielen, mal reinzuhören. Wer dennoch waghalsig Genug ist, kann sich auf der Homepage von Harald Bosh den Titelsong der Maxi in voller Länge downloaden.