Zwei Jahre ist es mittlerweile her, als ein wahrer Sturm an medienwirksamer Promotion die Sozialen Netzwerke überzog: Die italienische Electroformation „Halo Effect“ veröffentlichte ihr Album „Recoding“ und schaffte es wie kaum ein anderer Mitbewerber, die bis dato noch überschaubare Fanschar mit Informationen, Hörproben, Interviews, Fotos und professionellen Musikvideos („Sector Beta“) zu versorgen. Die Rezensionen nahmen sich damals tendenziell positiv aus, mir persönlich gefiel jedoch die Anordnung der einzelnen Tracks weniger, zudem passten die bisweilen zu dominanten EBM-Beats nicht ganz zur space-poppigen Thematik des Albums. Der Kategorie „Space-Pop“ scheinen die vier Protagonisten mittlerweile abgeschworen zu haben, denn der jüngst erschienene Nachfolger „Life Is Perfect“ setzt den Fokus auf modernere Eletroklänge, ohne dabei die Wurzeln der Band zu verleugnen. Die mit 16 Songs erfreulich umfangreiche Scheibe setzt fast durchweg auf Tanzbarkeit, die zwar grundsätzlich auf szenekompatible Rhythmen fußt, darüber hinaus aber stets experimentelle Elemente einbaut - mal poppig („The Game of Life“ und „Wintery Fall“), mal technoid („Hardcore“ und „Teddy Boy“), mal klassisch future-synthetisch („Alone“ und „The Secret I Know“). Im Vergleich zu den drei Vorgängeralben fällt die druckvollere Produktion auf, die den häufig mehrstimmigen Gesang ins passende Verhältnis zum donnernden Bass setzt. Somit taugt die CD einerseits als Animationshilfe für lethargische Sofaschläfer, als auch für das intensive, bewusste Hören unter guten Kopfhörern, die den detailreichen Sounds das verdiente Podium bieten. Auch lyrisch streift das Quartett etliche Facetten des nicht immer „perfekten“ Lebens und zieht damit nicht nur einmal kontrastreiche Vergleiche zum provokanten Titel. Neugierige Leser dieser Rezension, die bislang mit „Halo Effect“ noch nichts anfangen konnten, mögen sich nun Anspieltipps erhoffen oder die Nennung potentieller Hits einfordern. Dies dürfte jedoch angesichts der qualitativen Dichte ein stark subjektiv gefärbtes Unterfangen sein, denn instrumentaler Füllstoff ist ebenso wenig vorhanden wie lieblos zusammengeschustertes B-Seiten-Material. Stattdessen erwartet den Käufer des bis November lediglich als physischen Tonträgers erhältlichen Albums ein 75-minütiges Hörvergnügen, das man mit musikalischer Aufgeschlossenheit ohne jegliches „Skippen“ übersteht. Nach vier Durchläufen ist bei mir das eingängige „You’ll never catch me“ hängen geblieben, dicht gefolgt von „Alone“ und dem melancholisch-treibenden „Wintery Fall“. Viel gute, elektronische Musik für wenig Geld: das eigene Leben wird sich nach Genuss dieser herbstlichen Genreüberraschung sicher nicht in Gänze zur Perfektion wandeln, doch mit „Life Is Perfect“ verschafft man zumindest den auditiven Wahrnehmungsorganen ein paar annähernd perfekte Stündchen.