Viele kamen, sahen und gingen...Man nehme die Neue Deutsche Welle, die grauenhafte Grunge-Zeit oder die Nu Metal Bewegung. Eines bekam die Wirtschaft jedoch nie in den Griff und folgerichtig nicht in die Kiste: Heavy Metal. Laut, schnell und wild schlängelt er sich an allen Trends vorbei und wird uns wohl alle überleben. Ein deutscher Grund für diese Langlebigkeit sind die Jungs von Grave Digger. Bereits seit Ende des Jahres 1980 treibt Sänger Chris Boltendahl (mit wechselnder Besatzung) sein Unwesen. Nachdem man sich Mitte der 80er mit einer an den Markt angepassten Ausrichtung tüchtig verplante, konnte Anfang der 90er eine triumphale Rückkehr zu alter Stärke gefeiert werden. Album um Album wurde in den folgenden Jahren von Fans und Kritikern abgefeiert und bescherte Grave Digger einen Platz in der Halle der großen deutschen Metal-Acts. Mit „Ballads Of A Hangman“ schaufeln sich die NRWler ihr 15. Album – und eins kann gleich gesagt werden: Es ist eines ihrer besten. Bereits der Opener (wenn wir das stimmungsvolle Intro einmal beiseite schieben) „Ballad Of A Hangman“ lässt die Krügen heben. Kraftvolle Gitarren, Chris’ unnachahmliche Stimme und eine Energie, die selbst dem Teufel ins Schwitzen kommen lässt, reißt einem die Kutte weg. Nehmt euch in die Arme und stimmt in den Seemanns-Chor mit ein. Was viele Metal-Bands jedoch ausmacht, ist die Tatsache, dass nach einem furiosen Start, die Luft sehr schnell ausgeht. Ein Makel, den Grave Digger getrost in die Ecke schieben. Mit dem räudigen „Hell Of Disillusion“, dem melodiösen „Sorrow Of The Dead“ und dem zappeligen „Grave Of The Addicted“ zeigt man eindeutig, warum man auch im Jahre 2009 mit Grave Digger rechnen muss. Was dieses Werk aber von vielen abhebt, ist die Fähigkeit zur Steigerung und auch zu einigen Experimenten. So vernimmt der Zuhörer bei „Lonely The Innocence Dies“ eine Frauenstimme. Eine Frau in der letzten Domäne der Männer? Eine Frau am Mikro einer waschechten Heavy Metal Band? Unglaublich aber wahr – und nicht nur unglaublich, sondern auch unglaublich schön. Veronica Freemans gefühlvoll gequälter Gesang, in den Chris mit seiner Whiskeystimme einsteigt, lässt Gänsehaut entstehen. Ein großartiges Duett, das wohl niemand auf der Rechnung hatte. Doch auch der Rest der Scheibe ist einfach 100% Metal. „Into The War“ sollte in Zukunft in jedem Live-Set eine große Rolle spielen. Ach was sag ich, hier sollte jeder Track live zünden und für schweißgetränkte Kutten sorgen. Mit „Funeral For A Fallen Angel“ und dem launischen „Pray“ zündet der Grave Digger auch am Ende tüchtig aufs Gas und fährt einen lockeren Start-Ziel-Sieg heraus. Auf das Podest mit ihnen!