Grand National stellen uns vor viele Fragen: 1. Wer ist die Frau mit den schrecklich beigen High-Heels auf dem Cover und was ist das für blaue Ersatzflüssigkeit auf dem Boden vor dem Bild? 2. Warum brauchen wir einen schnellen Drink und eine schnelle Entscheidung? 3. Haben die Londoner Jungs noch mehr mit Client zu tun als die umgedrehten ‚N’ im Logo? 4. Braucht die Welt Grand National? Aber eins nach dem anderen: Ad 1) Die blaue Flüssigkeit scheint wirklich mit der langbeinigen Schönheit gekommen zu sein, ist die ominöse Pfütze doch auf dem Innencover ohne Madame noch nicht vor dem Bild zu sehen. Ad 2) Nicht die geringste Idee… Ad 3) Yep, zwei Mixes von ‚Init For The Money’ sowie die enge Connection zum Sneaker Pimps Umfeld. Ad 4) Nun ja, ohne Grand National wäre die Welt schon eine Nuance trister, denn die Musik fängt den Hörer definitiv nach und nach ein. Allerdings ist man anfangs noch ein wenig sprachlos bzgl. der verschiedenen Einflüsse die sich teilweise auf Anhieb zu zeitloser Popmusik zusammenfinden, an anderen Stellen aber auch weitere Fragen bzgl. der seltsam Persussion-lastigen Anteile aufwerfen. Reminiszenzen findet man viele: die britischen Achtziger wie Style Council, die britischen Neunziger mit Britpop-Einflüssen wie sie von Bands wie Octopus oder The Supernaturals eingebracht wurden, das britische neue Jahrtausend mit Zoot-Woman Strukturen und Sneaker-Pimps Synth-Läufen. Hautsache britisch! Heraus kommt ein gelungener, entspannter Misch-Masch, ähnlich wie bei Hot-Chip; nur ‚more sophisticated’ und weniger Dance-lastig. Die guten Momente findet man zunächst überall dort, wo die elektronischen Anteile geschickt in den Vordergrund gespielt werden: so einerseits bei der sleazy plockernden Single ‚Animal Sounds’, die nach kühlen Strophen mit einem warm-klingenden Refrain und angetäuschtem Gitarren-Solo im Zwischenteil überrascht. Definitiver Liebling ist jedoch ‚Cut by the Brakes’, das Synth-mäßig ein wenig bei den tiefen Tönen von Depeche Modes ‚Any Second Now’ geklaut hat, dies aber gekonnt unter einer Songstruktur versteckt, die nach Fischerspooner für Intellektuelle klingt. Betörend auch die Balladen ‚Joker and Clown’ oder ‚Part of a Corner’ bei der das Klavier und ein sparsamer Beat die Stimme des Sängers umschmeichelt. Auf der weniger starken Seite finden sich hingegen der längste Track des Albums, ‚Tongue’ und ‚Close Approximation’, das nach ein wenig eingestaubten Prince-Platten klingt. In Teilen unumgänglich in anderen Teilen ganz ok, pendelt sich das Gesamtwerk im oberen Mittelfeld der entspannten Groove-Liga ein. Nicht weniger aber eben auch nicht mehr. Und trotz der beschriebenen Coolness mischt sich eine gesunde Bodenständigkeit hinzu, die es möglich machen wird, auch in fünf Jahren die oben genannten Tracks gut zu finden und weiterhin zu hören. Haarscharf vorbei am Hype, und das ist auch gut so!