Grace Jones gehört zu den Großen Diven der Achtziger und Neunziger. Ein musikalisches und visuelles Chamäleon mit Starallüren, die man akzeptiert, ach was sag ich da, die man schätzt und nach denen man verlangt! Zuletzt beim legendären Auftritt im Rahmen des Trevor Horn Tribute Concerts als schwarze Witwe im wallenden Taft-Cape in Erscheinung getreten, ist ‚Hurricane’ das erste Material im neuen Jahrtausend. Bei ‚Wall of Sound’ erscheint das Werk, was zunächst ein wenig überrascht, letztendlich aber dann doch nicht verwundert, wenn man bedenkt, dass sich das Label bspw. mit Royksopp, den Propellerheads und Les Rythms Digitales über die Zeit recht breit aufgestellt hat. Musikalisch breit ist auch Grace Jones diesmal unterwegs. Expressive Elektronik, Tribal Beats, Orchester-Passagen zwischen Coolness und zartschmelzendem Soul, alles findet man in den knapp fünfzig Minuten. Wären Comebacks doch immer so interessant und vielseitig! ‚This is my voice, my weapon of choice!’. Erster Satz, klare Ansage. ‘This is technology mixed with a band’: Die eigene Sicht auf die Dinge. Während ‘This is’ sehr tanzbar afrikanisch erscheint folgt mit ‘Williams blood’ ein flüssig orchestrierter Titel, der zwischen ABC und Shirley Bassey besticht. Den Song den Massive Attack seit zehn Jahren nicht mehr hinbekommen haben liefert Mrs. Jones mit ‚Corporate Cannibal’ ab: ‚I’m a man-eating machine’ singt sie, und das nimmt man ihr sofort ab. Mystisch-mitreissend mit sägenden Gitarren in Midtempo-Strukturen ist der Song ein Vorzeige-Objekt der Produktionskunst, das zwar an keiner Stelle glatt aber trotzdem ungeheuer schlüssig erscheint. Bei ‚I’m crying’ und ‚Sunset Sunrise’ glaubt man bei geschlossenen Augen Yello hinter dem Mischpult zu sehen und mit ‚Hurricane’ und den darin enthaltenen stechenden tiefen Bässen, die von Streichern umschmeichelt werden, beweist Grace Jones, dass Alicia Keys so viel mit Bond zu tun hat wie das Zero-Erfrischungsgetränk mit gesundem Durstlöschen! Die definitive Überraschung des Jahres! Jeder Song ein Treffer. Und auch wenn sich sonst bei Reggae alleine bei der Erwähnung des Musikstils die Haare in meinem Nacken aufrichten, ist selbst ’Well, well, well’ ein willkommen entspanntes Stück, das Grace Jones mit ihren jamaikanischen Wurzeln glaubwürdig und entspannt rüberbringt. Lange her, dass ich mal volle Punktzahl gegeben habe…