Achtung: Elektronischer Geheimtipp! Der Kanadier Glenn Love ist wieder da - nach "Cruel Utopia" im November 2001 nun mit seiner zweiten Veröffentlichung "Belle Epoque". Hier in Deutschland/Europa ist das Projekt vermutlich nur Insidern bekannt, in Nordamerika aber konnte der aktive Undergroundkünstler u.a. durch seine Live-Auftritte bei kanadischen Darkraves, auch auf der Main-Stage, schon viel Lob einsammeln, was nicht zuletzt Top-Platzierungen in Szenecharts und -radiopräsenz bezeugen. Rein instrumental gehalten (wie auch der Rest des Albums) ist "Belle Epoque" ein Electronica-Sammelsurium, welches vom monoton und nach vorn treibenden Charakter bis hin zu komplexen, ruhigen Stücken genug Vielfalt aufweist und dennoch dabei eine ganz klare Linie erkennen lässt. Denn alles wurde bewusst nur mit analogen Synthis eingespielt und auf PC-Spielereien verzichtet. Natürlich ist klar, dass trotzdem noch solche Spielzeuge wie Sampler zum Einsatz kommen, aber eben nur, um Beats und Samples als Loops für einen faszinierenden, rhythmischen Trip in eine sowohl chillout-lastige, sanfte, warm klingende und manchmal dem Abgrund nahe als auch beatlastige, harsche Klanglandschaft zu verwenden. Der erste Titel, "Iceland", ist gleich ein würdiger Beleg dafür, dass man für diesen Geheimtipp nicht erst die gesamte CD durchhören muss, um dies zu bemerken. Schon die verwendeten Klänge wecken Erinnerungen an frühere, analoge Zeiten - das Drumset und die Bassline grüßen ganz herzlich. Dass Glenn Love zudem auch sehr spielerisch mit den Klängen umgehen kann und sie als höchst angenehmes Gedudel rhythmisch im Kopf umherkreiseln lässt wird bei "Airships", "Belle Epoque" oder auch "Waking Dreams" hörbar, wobei Letzteres auch auf den Spuren von Cyclotimias 'Eschaton' zu wandeln scheint. Nicht überladen doch gleichwohl opulent sind diese Titel vor allem unter den Kopfhörern ein genialer Ohrenschmaus. Zudem wird hier am ehesten auch die selbst genannte Kombination aus Einflüssen des Neo-Folk, Keltischen, Electro, Ambient und Trance erkennbar. Den absoluten Groove, mit einem Rhythmus, wo man mit muss - natürlich auf diese CD bezogen - kann man definitiv bei "Landwehr" finden. Mitreißend und gleichwohl sphärisch zieht einen der Track so in den Bann, dass sich durchaus der Griff zur Skip-Taste lohnt, allerdings die für 'zurück'; für "Seventh Veil" siehe übrigens "Landwehr". Am besten benutzt man aber doch nur einmalig zum Schluss die ’repeat’-Taste, obgleich die beiden Remixe von AntiStasis und T. H. Industry sicherlich nicht die schlechtesten sind aber mit Glenns zweitem Gesamtwerk überhaupt nicht richtig korrespondieren, zumal mit "Mars Ascending" auch nicht gerade der beste Song erstverwertet wurde. Der "Iceland"-Remix könnte aber auf alle Fälle jeden Electro-Dancefloor rocken. "Belle Epoque" eignet sich kaum als Regaldeko, eher als 'Lückenmacher' in der gut sortierten CD-Sammlung. Denn egal wie man die Bedeutung des Albumnamens auch interpretiert: Entweder der Hörer sieht sie als Erinnerung an frühere Zeiten (mehr der musikalische Untergrund als der eigentlich geschichtliche Hintergrund), als eigenständiges 'schönes' Werk oder als Antrieb für den Beginn einer neuen musikalischen Blüte. So oder so, neben all den vielen, aktuellen Veröffentlichungen, die sich meist immer mit irgendeinem anderen Musikstil vergleichen lassen, hat Glenn Love einen unverkennbar eigenen, der nur in eine Schublade passt: "Electronica at its finest - und kurzweilig noch dazu". - Auch wenn kein Interesse an solcherlei Musik besteht, sollten unbedingt "Iceland" mit seinen verzerrten, umherschwirrenden Gitarrenriffs, "Airships", "Landwehr", "Waking Dreams" und "Seventh Veil" angehört werden!