Erfahrungen aus Wachträumen und Botschaften, die während luzider Träume empfangen werden, bilden das gedankliche Konzept des dritten Albums von Gates of Dawn. Die Gedanken, die Sänger Matthias während seiner Wachträume „empfangen“ hatte, wurden in eindringliche, aufrüttelnde Song-Lyrics umgesetzt. Angst, Gewalt, Ekstase, das alltägliche medial transportierte Grauen, die immer öfter todbringende Verbindung von Religion und kriegerischer Auseinandersetzung, falsche Versprechen von Erlösung und Heil – Gates of Dawn betreten bei ihrer Auseinandersetzung mit diesen Themen zwar kein Neuland, doch wer kann schon behaupten, dass hierzu schon längst alles gesagt wäre? Die hessische Band um Sänger Matthias Abel und Sängerin Martina Kraus packt also sprichwörtlich die heißen Eisen an und meldet sich nach dem Ende 2008 erschienenen Album „Parasite“ mit 16 neuen Stücken zurück. In den düsteren Tiefen irgendwo zwischen Gothic Rock und Gothic Metal öffnen Gates of Dawn die schweren, uralten Pforten zur Finsternis. Aus der Mixtur von elegischen, treibenden E-Gitarrenparts, atmosphärischen, für Gothic Metal typischen Synthieflächen, kraftvollem Drumming, einer wehmütig singenden Violine und rhythmischem Bass erheben sich choruslastige Rocksongs, bei denen zumeist der männlich-weibliche Duettgesang im Vordergrund steht, hin und wieder garniert mit spoken Words (der leider auch einmal – etwas verunglückt – stark an Hip Hop erinnert). Die griffigen Melodien bleiben im Ohr hängen, insgesamt wirkt das Songmaterial aber etwas zu „glatt“ und scheint in ein unsichtbares Korsett gepresst zu sein. Vielen Songs fehlt der nötige Biss und die Unverwechselbarkeit, das Moment, bei dem es „Klick“ macht, eine besondere Idee bzw. Umsetzung noch genauer hinhören lässt, einen dazu zwingt, die Skip-Taste zu betätigen. Echten Zündstoff bietet „Lucid Dreaming“ nicht, eher gefällig produzierte Titel, die niemandem wehtun. Darüberhinaus muss man sich mit der etwas herben Stimme von Martina Kraus anfreunden können und die zahlreichen Duettparts mögen. Für gestandene Goth-Rocker ist das neue Album von Gates of Dawn sicher nichts, Goth-Metal-Fans, die (auch) auf female-fronted-Metal stehen, die obligatorische „Quoten-Ballade“ nicht missen mögen und sich nebenbei gern mit ausgefeilten Lyrics auseinandersetzen, sollten das Album definitiv antesten.